Annalena Müller ist «pfarrblatt»-Chefredaktorin. Foto: Pia Neuenschwander

80 Jahre nach Auschwitz: Was heisst nie wieder?

Editorial der aktuellen Ausgabe zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz von Annalena Müller.


Als sowjetische Soldaten am Morgen des 27. Januar 1945 das Konzentrationslager Auschwitz befreiten, befanden sich dort noch etwa 7000 Gefangene. Über eine Million Menschen waren in diesem Lager umgekommen. Auschwitz wurde zum Symbol des Grauens der Shoah, die schätzungsweise sechs Millionen Menschen das Leben kostete.

Bankrotterklärung und Neuanfang

Seit 2005 wird der Tag der Befreiung weltweit als Shoah-Gedenktag begangen. Nie wieder soll so etwas geschehen: dass Menschen wegen ihrer Herkunft, körperlichen Verfassung, politischen Meinung, sexuellen Orientierung oder aus anderen Gründen verfolgt und getötet werden. 

Der Holocaust war die Bankrotterklärung der Menschlichkeit und der Menschheit. Zugleich war es eine Stunde null. Angesichts des Schreckens wollten die Menschen - nicht nur in Deutschland - lernen. So erliess die frischgegründete UNO 1948 die Allgemein Erklärung der Menschenrechte.

Schwerpunktthema im «pfarrblatt»

80 Jahre sind seit der Befreieung von Auschwitz vergangen. Aus diesem Anlass hat das «pfarrblatt» Nr.3/25 diesem Thema eine Schwerpunktnummer gewidmet. 

Wir haben den Shoah-Überlebenden Shlomo Graber getroffen. Graber hat den Grossteil seiner Familie in Auschwitz verloren. Meine Kollegin Anouk Hiedl hat Graber in Basel getroffen und ihm ein bewegendes Portät gewidmet. Es zeigt einen Mann, der trotz seiner erschütternden Erfahrungen keinen Hass verspürt. 

Damals und heute

Mit dem bekannten Kirchenhistoriker Hubert Wolf haben wir über den «Weltkriegspapst» Pius XII. (1939–1958) gesprochen. In dem Interview durfte ich der Frage nachgehen, wie viel historische Schuld auf dem Vatikan lastet.

Schliesslich haben jüdische Menschen aus Deutschland und der Schweiz ihre Geschichten mit uns geteilt. Sie berichten, wann und wo ihnen Antisemitismus im Alltag begegnet – Heute. Und ja, auch in der Schweiz. 

Denn auch das ist die Wahrheit: Die Ablehnung von Menschen, die vermeintlich «anders» sind, ist kein deutsches Phänomen. Es ist ein Problem aller Gesellschaften, dem wir entschieden entgegentreten müssen. Immer wieder, in unserem Alltag und in unserem Umfeld. Gerade in der heutigen Zeit. Als Christen und Bürgerinnen. Das ist die eigentliche Bedeutung und der Auftrag von «nie wieder!»


Annalena Müller
«pfarrblatt»-Chefredaktorin