Da war noch alles in Ordnung. Martin Tschirren und seine Gazelle. Foto: zVg

Adieu Gazelle – ein Nachruf

20.01.2019

Martin Tschirren schreibt über den Abschied von seiner treuen Begleiterin

Zwei Tage vor Heiligabend ist es passiert: Ich nutzte eine der raren Regenpausen und fuhr noch rasch mit meiner «Gazelle» zum Musikgeschäft in der Nähe des Loryplatzes, um ein Klarinettenmundstück zu holen. Wenn ich von meiner «Gazelle» spreche, dann geht es um ein Fahrrad, aber nicht um irgendeines, sondern um ein klassisches Hollandrad. Seit ich vor 25 Jahren ein Jahr in den Niederlanden studiert habe, gehört ein «fiets» (= Velo in Niederländisch) sozusagen zu meiner Grundausstattung, und «Gazelle» ist eine der bekannten niederländischen Velomarken.

Wie gesagt: ich war auf dem Weg in die Stadt, als ich bei einer Abzweigung in eine Nebenstrasse bei einem nicht eben velofreundlich hohen Absatz mit dem Vorderrad meiner «Gazelle » ausrutschte und unsanft zu Fall kam. Auf den ersten Blick schien mein Rad den Sturz (wie ich) gut verkraftet zu haben. Erst bei genauerem Hinsehen stellte ich fest, dass das Schaltkabel ausgerissen war. «Nun, das wird der Velomechaniker wieder in Ordnung bringen können», dachte ich mir. Als ich nach den Festtagen meine «Gazelle» zur Reparatur vorbeibrachte, zeigte sich rasch, dass es um mehr als nur das Schaltkabel ging. Nein, die ganze Schaltung musste ersetzt werden, und zudem schien sich noch die Radachse verbogen zu haben – auweia! Und weil sich zu guter Letzt auch noch herausstellte, dass es für die Schaltung keine Ersatzteile mehr gab, meinte der Velomechaniker, dass sich eine Reparatur eigentlich nicht mehr lohne …

Wohl oder übel muss ich nun wohl Abschied nehmen von meiner «Gazelle». Zuverlässig und ruhig hat sie mich die letzten Jahre durch Bern kutschiert. Sie war nicht die Schnellste, immerhin müssen 23 kg Stahl zuerst in Bewegung kommen. Aber wenn die «Gazelle» mal in Fahrt ist, fühlt es sich so an, als ob man dahinfliegen würde (zumindest wenn’s geradeaus geht …). Deshalb sage ich jetzt «Adieu en bedankt». Und wer weiss, vielleicht heisst’s schon bald «Welkom» für eine neue «Gazelle».

 

 

Martin Tschirren
… hat als Diplomat gearbeitet und vertritt heute die Interessen der Schweizer Städte in der nationalen Politik. Er engagiert sich u. a. im Kleinen Kirchenrat.
Illustration: schlorian

 

 

 

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