Nothilfe in Przemysl, nahe der polnisch-ukrainischen Grenze. Caritas Polen unterstützt Geflüchtete mit warmen Mahlzeiten, Beratung und Nothilfegütern. Foto: Philipp Spalek, Caritas (Anfang März 2022)
Als Hilfswerk im Kriegsgebiet
Caritas in der Ukraine
Weltweit werden Spende- und Sammelaktionen für die kriegsversehrte Ukraine organisiert. Auch vor Ort laufen die humanitären Einsätze. Elisabeth Karagiannis von Caritas Schweiz berichtet, was das Hilfswerk vor Ort tut.
Interview: Anouk Hiedl
«pfarrblatt»: War die Caritas auf den Kriegsbeginn in der Ukraine vorbereitet?
Elisabeth Karagiannis: Caritas Schweiz hat die ukrainische Bevölkerung nach Beginn des Konflikts 2014 während mehr als fünf Jahren humanitär unterstützt und dabei eng mit Caritas Ukraine zusammengearbeitet. Auf einen Angriffskrieg Russlands war niemand vorbereitet. Dank den bestehenden Caritas-Strukturen in der Ukraine konnte die humanitäre Hilfe jedoch rasch aufgegleist werden. Die Caritas hat seit Wochen Vorbereitungen getroffen, Evakuierungspläne ausgearbeitet und ihre Mitarbeitenden auf den Kriegsfall vorbereitet.
Was tut die Caritas ganz konkret?
In der Ostukraine war die Lage für viele bereits vor den russischen Angriffen äusserst prekär. Nun fehlt den Menschen jegliche Möglichkeit, sich selbst zu versorgen. Da die Angriffe inzwischen aus allen Richtungen erfolgen, hat Caritas ihre Hilfe ausgeweitet. Sie richtet rund 20 bestehende Caritas-Zentren im ganzen Land dafür ein, um Hilfe für intern Vertriebene zu leisten. In den Sozialzentren der Caritas erhalten die Menschen eine warme Suppe, Decken und einen geschützten Platz zum Schlafen, Essen und Waschen. Wir versuchen, die bestehenden Zentren aufrecht zu erhalten. Einzelne müssen aber schliessen, da es auch um die Sicherheit der Mitarbeitenden geht. Caritas Ukraine arbeitet auch mit mobilen Teams, um zu den Bedürftigen zu gelangen.
Die Caritas leistet auch psychosoziale Hilfe.
Sozialarbeiterinnen und Psychologen der Caritas unterstützen kriegstraumatisierte Menschen dabei, das Erlebte zu verarbeiten. Besonders verängstigte Kinder erhalten psychologische Betreuung. In der Ukraine findet dies aktuell unter sehr schwierigen Umständen statt. Kann die Hilfe nicht in den eigens dafür eingerichteten Sozialzentren der Caritas erfolgen, versucht man, Bedürftige telefonisch zu erreichen oder entsendet mobile Teams. Hauspflegebesuche von alten, kranken und behinderten Menschen finden, wenn möglich, weiter statt. In Auffangzentren entlang der Grenzen informiert die Caritas, wo Flüchtende hingehen können und welche Hilfe möglich ist. Die Mitarbeitenden sind geschult, wie sie mit kriegstraumatisierten Menschen umgehen können und stellen ihre weitere Betreuung sicher. Caritas Ukraine hat auch eine Telefon-Hotline eingerichtet: verlässliche und vertrauenswürdige Informationen sind überlebenswichtig.
Wie sieht es in den Nachbarländern aus?
Auch dort, etwa in Polen, ist die Caritas da. In Notunterkünften werden Flüchtlinge aus der Ukraine mit sicheren Schlafplätzen, Essen, sauberem Trinkwasser, Hygieneartikeln und Medikamenten versorgt. In den nächsten Wochen ist mit grossen Flüchtlingsbewegungen zu rechnen – die humanitäre Hilfe muss laufend ausgeweitet werden. Caritas Schweiz unterstützt Caritas Ukraine und Caritas Polen mit Spenden aus der Schweiz.
Wie funktioniert diese internationale Zusammenarbeit?
Caritas Schweiz konzentriert sich mit Spenden auf die Unterstützung der humanitären Hilfe vor Ort. Dank der langjährigen Caritas-Präsenz und ihrer lokalen Vernetzung in der Ukraine und den Nachbarländern kann sie die Nothilfe sofort aufgleisen und umsetzen. Die Arbeit wird dort von den Diözesancaritasverbänden organisiert und koordiniert. Caritas Schweiz steht in engem Austausch mit dem Caritas-Netzwerk und mit Vertretenden der nationalen Caritas-Organisationen.
Was ist in der Ukraine nun besonders wichtig?
Die Ukraine steuert auf eine humanitäre Katastrophe zu – es drohen verheerende Versorgungsengpässe von notwendigen Gütern, Medikamenten, Wasser und Strom, und Transportwege für den Nachschub werden zerstört. Die Menschen haben teilweise keinen Zugang zu Nahrungsmitteln. Es braucht es humanitäre Korridore, um die Menschen erreichen und evakuieren zu können. Sie suchen im Land oder im Moment vor allem in den Nachbarländern Schutz – die Solidarität, z. B. in Polen, ist sehr gross. Die Schweiz muss auch diese Länder unterstützen.
Unterscheidet sich die aktuelle Lage von jener in anderen Kriegsgebieten?
Kriege können schwierig miteinander verglichen werden. Der Angriffskrieg auf die Ukraine fand relativ unvermittelt statt und trifft eine Demokratie mitten in Europa. Deshalb ist die Betroffenheit und Solidarität weltweit sehr gross.
Was braucht die Caritas jetzt?
Caritas Schweiz nimmt für die Nothilfe aktuell ausschliesslich Geldspenden an. Die Abwicklung von Sachspenden ist sehr zeitintensiv, der Transport teuer und die Logistik aufwändig. Zudem besteht die Gefahr, dass gewisse Güter im Überfluss angeliefert werden, während andere fehlen. Geld hingegen kann wirksam und flexibel für die dringendste Hilfe eingesetzt werden.
Spenden für die Caritas-Soforthilfe
Die Menschen in der Ukraine sind auf Unterstützung angewiesen – Ihre Solidarität rettet Leben: Herzlichen Dank für Ihre Spende!
Caritas-Spendenkonto: IBAN CH69 0900 0000 6000 7000 4