Oliver Lüthi, Leiter Kommunikation bei Caritas Bern. Foto: Pia Neuenschwander
Angestellte auf Jobsuche
Caritas Bern verliert auf Ende Juni Mandate in der Betreuung von Flüchtlingen. Kommunikationsleiter Oliver Lüthi im Interview.
Caritas Bern verliert auf Ende Juni Mandate in der Betreuung von Flüchtlingen. Viele der über 100 betroffenen Mitarbeitenden sind auf Arbeitssuche. Wie geht es weiter? Kommunikationsleiter Oliver Lüthi im Interview.
Von Marcel Friedli
«pfarrblatt»: Ende Juni verliert Caritas Bern diverse Mandate in der Betreuung von Flüchtlingen. Welche Lösungen sind für die über 100 betroffenen Mitarbeitenden in Sicht?
Oliver Lüthi: Caritas Bern hat den Mitarbeitenden sowie dem Kanton bereits vergangenes Jahr eine Massenentlassung angekündigt. Ein Teil der Mitarbeitenden hat inzwischen eine andere Anstellung gefunden oder wird in den nächsten Wochen eine solche antreten.
Und die anderen?
Caritas unterstützt sie bei der Suche nach einer Perspektive ausserhalb der eigenen Organisation. Sie arbeitet eng mit den neuen regionalen Partnern zusammen, damit sich die Mitarbeitenden in einer frühen Phase auf neu ausgeschriebene Stellen bewerben können. Wir gehen aber davon aus, dass ein Teil der betroffenen Mitarbeitenden ab Juli zumindest für einige Zeit auf die Leistungen der Arbeitslosenkasse wird zurückgreifen müssen. Es wird sich bis Ende Juni nicht für alle betroffenen Mitarbeitenden eine Lösung finden lassen.
Ein Fünftel der Betroffenen ist älter als 55. Was ist, wenn man wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat?
Dann gibt es Härtefall-Regelungen, welche die Caritas Bern und der Kanton gemeinsam finanzieren. Wir schätzen, dass dies auf etwa zehn Personen zutrifft. Wir hoffen aber auch hier, dass sich bis Ende Juni für die eine oder andere Person noch eine Lösung ergeben wird.
Warum hat die Caritas Bern keines der Mandate erhalten, die neu ausgeschrieben worden sind?
Unsere follow-Stiftung hat beim Kanton aus Sicht der beteiligten Organisationen ein innovatives und schlüssiges Konzept eingereicht. Gemäss Kanton haben fachliche Kriterien zum negativen Entscheid geführt. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Deshalb haben wir bei der damaligen Gesundheits- und Fürsorgedirektion Beschwerde eingereicht.
Erfolglos?
Ja, unsere Beschwerde wurde abschlägig beantwortet. Die follow-Stiftung hat – vor allem aus finanziellen Überlegungen – darauf verzichtet, die Beschwerde ans kantonale Verwaltungsgericht weiterzuziehen.
Wie geht es weiter?
Caritas Bern wird sich wieder vermehrt als Hilfswerk zu positionieren versuchen. Zudem wollen wir bestehende Angebote wie die KulturLegi, die mit-mir-Patenschaften und die Freiwilligenarbeit stärken. Ausserdem unterhalten wir drei Märkte für Lebensmittel: in Bern, Thun und Biel. Mit der Neueröffnung einer Filiale in Biel Ende Januar dieses Jahres hat nun auch die zweitgrösste Stadt im Kanton ihren Caritas-Markt. Das neue Angebot in Biel stösst bisher auf positives Echo.
Die Flüchtlingsarbeit spielt also keine Rolle mehr?
Wir werden im Flüchtlingsbereich kein direktes Mandat mehr haben. Viele unserer Klienten und Kundinnen, zum Beispiel im Caritas-Markt oder bei der KulturLegi, haben allerdings einen Flüchtlings- oder Migrationshintergrund. Ausserdem stehen wir mit dem Dolmetschdienst Comprendi weiter mit dieser Klientel im Kontakt.
Flüchtlingsmandate verloren
Ende Juni laufen zwei grosse Leistungsverträge der Caritas Bern mit dem Kanton Bern aus: jener mit der Fachstelle Wohnen und mit dem Flüchtlingssozialdienst. Der Leistungsvertrag im Flüchtlingsbereich zwischen der Arbeitsintegration und dem Kanton wird Ende Jahr zu Ende sein. Davon sind über 100 Mitarbeitende betroffen (siehe Haupttext).
Die Fachstelle Wohnen war seit mehreren Jahren in der Wohnungsvermittlung und Wohnberatung für anerkannte Flüchtlinge tätig, der Flüchtlingssozialdienst für deren soziale und berufliche Integration.
Hintergrund des Auslaufens aller Leistungsverträge und der laufenden Restrukturierung ist die Neuorganisation des Asyl- und Flüchtlingswesens im Kanton Bern. Caritas Bern respektive deren Stiftung follow hat keines der ausgeschriebenen Mandate erhalten. Diese gingen an das Schweizerische Rote Kreuz, Asyl Berner Oberland, an ORS Service und an die Stadt Bern.
Weitere Infos: www.caritas-bern.ch