Auf der Autobahn des Lebens

17.03.2011

Valentin Beck

In jener Zeit ging Jesus an einem Sabbat durch die Kornfelder. Seine Jünger hatten Hunger; sie rissen deshalb Ähren ab und assen davon. Die Pharisäer sahen es und sagten zu ihm: Sieh her, deine Jünger tun etwas, das am Sabbat verboten ist. Da sagte er zu ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren – wie er in das Haus Gottes ging und wie sie die heiligen Brote assen, die weder er noch seine Begleiter, sondern nur die Priester essen durften? Oder habt ihr nicht im Gesetz gelesen, dass am Sabbat die Priester im Tempel den Sabbat entweihen, ohne sich schuldig zu machen? Ich sage euch: Hier ist einer, der grösser ist als der Tempel. Wenn ihr begriffen hättet, was das heisst: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer, dann hättet ihr nicht Unschuldige verurteilt; denn der Menschensohn ist Herr über den Sabbat.
(Mt 12,1-8)

Mir gefällt diese Perikope, weil sie so lebensnah die Sprengkraft aufzeigt, welche im Evangelium steckt und weil in ihr etwas angesprochen wird, das mich in meinem privaten Umfeld momentan stark beschäftigt: Mein Freundeskreis befindet sich nach den «Sturm-und- Drang-Jahren» jetzt in der Phase der privaten und beruflichen Etablierung.

Dieser natürliche Prozess hat neben der durchaus wohltuenden einkehrenden Ruhe auch eine Seite, die mich manchmal stutzig macht: Nachdem die sozialen Normen (und Gewohnheiten) etwas ausgelotet worden sind, werden sie nun oft unhinterfragt übernommen und als unveränderliche Regeln des «Nebeneinanderlebens » akzeptiert. Selten wird danach gefragt, was hinter diesen (in unserem Land oft sehr eng gesetzten und verbürokratisierten) Begrenzungen steht. Man (wer genau?) kann sich weder damit noch mit möglichen Alternativrouten oder gar dem Pannenstreifen (der Barmherzigkeit) beschäftigen, weil man auf der Autobahn des Lebens vorankommen will, soll oder muss. Am besten auf der Überholspur …

Die Geschichte der Ähren am Sabbat greift mir da immer wieder abrupt ins Steuer: Sie will uns zu Hinterfragenden machen, die äussere Vorgaben nicht um ihrer selbst willen befolgen, sondern auch nach dem Dahinterliegenden («Grösseren») suchen und diesem durch alle bürokratischen Verkrustungen hindurch folgen. Denn dieser Dahinterliegende ist es, der uns unsere Selbstbestimmung zutraut und damit auch ermöglicht. So, ich muss weiter. Hoffentlich bis zur nächsten Raststätte …