Bischof Felix Gmür sieht sich mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Foto: Sylvia Stam

«Beobachter»: Gmür schützt Priester in Missbrauchsfall

Hat Bischof Gmür die Meldepflicht ignoriert und das Berufsgeheimnis verletzt?

Die Zeitschrift «Beobachter» berichtet am Donnerstag, ein nigerianischer Priester habe in den Neunzigerjahren eine junge Frau wiederholt sexuell missbraucht. Die Zeitschrift wirft Gmür ignorierte Meldepflicht, einen fragwürdigen Umgang mit Dokumenten des Opfers und Verletzung des Berufsgeheimnisses vor. Bischof Felix Gmür nimmt erst am Freitag zu den Vorwürfen Stellung. 

Regula Pfeifer (kath.ch), Adaption Sylvia Stam

Unter dem Titel «Wie Bischof Gmür einen Priester schützt» publizierte die Zeitschrift «Beobachter» am Donnerstag einen Fall von mutmasslichem sexuellem Missbrauch im Bistum Basel. Die Übergriffe geschahen laut dem Bericht Mitte der Neunzigerjahre. Damals übernimmt ein Priester aus Nigeria Vertretungen in Pfarreien der Zentralschweiz. In einer macht eine damals 14-Jährige Jugendliche, die im Bericht Denise Nussbaumer genannt wird, in Wahrheit aber anders heisst, als Ministrantin mit.

Zwischen 1995 und 1998 erlebt die Jugendliche laut Bericht mehrfachen sexuellen Missbrauch durch den Priester. Beim letzten Mal ist sie 17 Jahre alt. Realisiert habe sie erst mit Mitte 20, was da abgelaufen sei, sagt die Frau gegenüber der Zeitschrift.

Kommission der Bischofskonferenz zahlt 15'000 Franken Genugtuung

Im Sommer 2019 verständigt sie das Bistum Basel und übergibt diesem ihre 2018 erstellten Erinnerungsnotizen sowie Kopien ihres Tagebuchs. Die Genugtuungskommission der Schweizer Bischofskonferenz anerkennt laut Bericht den Fall als «schwerwiegend» und bezahlt der Frau eine «Entschädigung» von 15'000 Franken.

Bischof Gmür erstattet Strafanzeige, die aber wegen Verjährung der Taten nicht weiterverfolgt wird. Und er leitet eine kirchenrechtliche Voruntersuchung ein. Diese schliesst er bald ab – mit negativem Befund: Er habe den mutmasslichen Täter zur Rede gestellt. Dieser habe die Vorkommnisse in einer «beeideten Unschuldsbeteuerung» bestritten, wie der Bischof in seiner Stellungnahme an den «Beobachter» schreibt. Die Tagebuchnotizen des Opfers sind laut Bericht nicht in die Beurteilung einbezogen worden. Für den Bischof sei klar: «Die erhobenen Vorwürfe haben sich nicht bestätigt.»

Sensible Daten weitergeleitet

Dieser eigenständige Bischofsentscheid ist laut Beobachter nicht zulässig. «Nach einer kanonischen Voruntersuchung müssen Bischöfe seit 2001 die vollständigen Akten und ihre Beurteilung der Glaubenskongregation in Rom übermitteln», schreibt die Zeitschrift. Diese kirchenrechtliche Vorgabe habe der Bischof von Basel vorerst ignoriert. Am 4. Juli dieses Jahres habe er dies nachgeholt.

Problematisch sei auch eine weitere Fehlhandlung des Bischofs. Dieser habe während der Voruntersuchung die Tagebuch-Kopien der Betroffenen an den nigerianischen Priester weitergeleitet – ebenso wie deren aktuelle Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Ein zitierter Anwalt sagt dazu: «Das ist ein krasser Verstoss gegen das Strafgesetzbuch.» Damit sei das Berufsgeheimnis verletzt worden.

Stellungnahme von Bischof Gmür ausstehend

Der mutmassliche Täter, für den die Unschuldsvermutung gilt, hat auf Anfragen des «Beobachters» nicht reagiert.

Das «pfarrblatt» hat in Zusammenarbeit mit der «Arbeitsgemeinschaft der Pfarrblattredaktionen der Deutschschweiz» Bischof Felix Gmür um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Diese steht noch aus.

Der Zeitpunkt der Publikation ist brisant: Am 12. September wird eine gesamtschweizerische Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche Schweiz publiziert. Die Studie wurde von der Schweizer Bischofskonferenz, die Felix Gmür präsidiert, sowie den Dachverbänden der Ordensgemeinschaften und Landeskirchen in Auftrag gegeben.