Judith Albisser, Arnd Bünker (Hgg.): Kirchen in Bewegung. Christliche Migrationskirchen in der Schweiz, Edition SPI, St. Gallen 2016
Buch: Kirchen in Bewegung
Migrationskirchen in der Schweiz
Mit seiner Studie zu den christlichen Migrationskirchen füllt das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut eine grosse Lücke: Angesichts dessen, dass ein Grossteil der MigrantInnen des letzten Jahrzehnts einer christlichen Kirche angehören und in städtischen Regionen (so auch in Bern) die MigrantInnen der ersten und zweiten Generation gar die Mehrheit der Gläubigen der christlichen Kirchen stellen, war eine solche Erhebung dringlich.
Die Studie bietet neben historischen und statistischen Daten Informationen zu Herkunft, Struktur und gesellschaftlich-religiösen Vernetzung von Migrationskirchen. Aus katholischer Sicht aufschlussreich ist die Sicht der Migrationskirchen auf die Schweizer Kirche: So sieht eine grosse Mehrheit der Befragten (auf katholischer Seite meist die verantwortlichen Priester in den Missionen) die Schweizer Kirche in einer fundamentalen Krise und als wenig nachahmenswertes Vorbild.
In den anschliessenden theologischen Deutungen werden verschiedene Aspekte der erhobenen Daten beleuchtet: z.B. die Tatsache, dass die Migrationskirchen auch nach einer gesellschaftlichen Integration für viele MigrantInnen wichtig bleiben. Es wird die Frage gestellt, wie dienlich die Organisation der Seelsorge nach Sprachgruppen ist: wenn viele MigrantInnen heute eine multikulturelle Identität als «Italo- oder Hispano-Schweizer» leben, wie sinnvoll ist es dann, dass sie in ihrer religiösen Identitätssuche vor die Wahl Schweizer Pfarrei oder Mission gestellt werden? Oder: Wenn die Priester der Missionen durchwegs der ersten Migrationsgeneration angehören, geraten dann nicht zwangsläufig die Bedürfnisse der zweiten und dritten Generation in den Hintergrund? Sichtbar wird auch, wie tief und fundamental das Anliegen nach voller Anerkennung, nach Begegnung auf gleicher Augenhöhe bei den Migrationskirchen ist.
Das Buch stellt wichtige, dringende und kritische Fragen und es ist zu wünschen, dass es eine breite Diskussion auslöst, vor Ort ebenso wie in den Kirchenleitungen.
Bernhard Waldmüller