Foto: Andreas Schwaiger
Caritas Sonntag
Der Caritas-Sonntag (31. Januar) rückt Familien in schwierigen Zeiten ins Blickfeld. Viele alleinerziehende Frauen kämpfen mit Familienarmut. Frauen prägen gleichzeitig das Leben der Kirchen vielfältig: als Journalistin, als Kämpferin für Reformen, als Aktive am Reformkonzil. Eine Nummer voller Frauengeschichten. jm
Der diesjährige Caritas-Sonntag ist Familien in schwierigen Lebenssituationen gewidmet. Annelise Camenzind-Wermelinger, Gemeindeleiterin in Langnau, spricht im Interview über den Umgang mit Armut in ihrer Gemeinde, die Rolle der katholischen Kirche und über den Beitrag der Caritas zur Armutsbekämpfung.
Frau Camenzind: Rund 250000 Eltern und Kinder gelten in der Schweiz als arm. Auch im Kanton Bern gibt es viele armutsbetroffene Familien. Welche Erfahrungen machen Sie diesbezüglich in Ihrer Arbeit als Gemeindeleiterin?
Armut ist oft versteckt. Man muss mit wachsamen Augen durch die Gemeinde gehen, um sie wahrzunehmen. In Langnau haben wir das Glück, dass der Sozialdienst sehr gute Arbeit leistet. Es kommen regelmässig Familien in Not zu mir, aber die grossen finanziellen Leistungen werden durch den Sozialdienst erbracht. Aber es ist klar: Auch in Langnau gibt es armutsbetroffene Familien.
Wie äussern sich deren Nöte?
Der finanzielle Druck auf die Familien ist sehr gross. Insbesondere die hohen Wohnungspreise und die ständig steigenden Krankenkassenprämien sind ein Problem. Viele Familien haben Mühe, dieses Geld aufzubringen. Armut äussert sich aber oftmals im Kleinen. Wenn zum Beispiel eine Familie ihr Kind nicht ins Skilager schicken kann, weil die finanziellen Mittel fehlen.
Wie leisten Sie hier als katholische Pfarrei Unterstützung?
Wir leisten Überbrückungshilfe für Familien, um schulische Begleitmassnahmen oder Lagerbesuche zu finanzieren. Dann gibt es ein Projekt des Kirchgemeinderates, über welches Weiterbildungen von Jugendlichen mitfinanziert werden. Allerdings haben wir nicht die Möglichkeit für grosse finanzielle Zuwendungen. Unser Kernauftrag ist ein anderer.
Welcher?
Wir wollen den Leuten zuhören. Vielen Leuten tut es bereits gut, wenn sie über ihre Probleme sprechen und ihre Sorgen mit jemandem teilen können. Da braucht es auch nicht immer 100%-Lösungen. Einfach einmal Druck abladen zu können, ist für viele Menschen oftmals wichtiger. Ich versuche diesen Leuten Hoffnung zu vermitteln. Auch dies ist eine Form von Armutsbekämpfung.
Wie meinen Sie das?
Armut hat nicht nur mit materiellen Aspekten, sondern auch mit Liebe, Zuwendung und sozialen Kontakten zu tun. Fehlen diese, entsteht Armut. Hier sind wir als katholische Kirche gefragt: indem wir die Betroffenen übers persönliche Gespräch begleiten und ihnen zur Seite stehen.
Auch die Caritas Bern unterstützt mit ihren Projekten armutsbetroffene Familien. Wie beurteilen Sie deren Arbeit?
Die Caritas Bern leistet in diesem Bereich hervorragende Anstrengungen. Mit ihren Projekten schafft sie finanzielle und soziale Freiräume für Familien. Die Familie ist ein emotionaler Rückzugsort. Dort erfahren Menschen Sicherheit und Geborgenheit und können so sein, wie sie wirklich sind. Eine funktionierende Familie ist von zentraler Bedeutung. Die Caritas Bern leistet hierzu einen ganz wichtigen Beitrag.
Interview: Oliver Lüthi
Die Caritas Bern unterstützt armutsbetroffene Familien in vielfältiger Weise. Unter dem folgenden Link können Sie die Caritas Bern finanziell unterstützen. Herzlichen Dank!
Mehr Informationen zu Familien in der Schweiz finden Sie im diesjährigen Caritas-Sozialalmanach