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... damit hatte ich wirklich nicht gerechnet
Kolumne aus der Inselspitalseelsorge
Nicht bei diesem sympathischen älteren Herrn mit dem freundlichen Gesicht. Auf Empfehlung der Pflege stelle ich mich ihm vor, und obwohl er das Gespräch mit der Floskel «mit Gottes Bodenpersonal kann ich nichts anfangen» eröffnet, lädt er mich mit einer eindeutigen Geste ein, auf dem Stuhl neben seinem Bett Platz zu nehmen.
Nicht nur mit den Kirchendienern, auch mit den Bauarbeitern, die vor dem Fenster gefährliche Gerüstarbeiten verrichten, bekundet er seine Mühe. Man sehe es ihrer Trägheit an, dass sie für einen Staatsbetrieb arbeiten würden. Ja, der Staat, diese ganze Pseudodemokratie, die Impfdiktatur, die digitale Überwachung, das fehlgeleitete Gesundheitswesen, die Pharmakonzerne und die Ärzte hier, die nicht selber denken würden, sie alle bekommen ihr Fett ab. Alle stehen sie im Dienste eines zwielichtigen Systems, das kritische Menschen unten halten wolle. Er drückt mit dem Daumen fest auf die Kante des wackeligen Beistelltisches.
Ich versuche, innerlich offen zu bleiben und zu verstehen, wo sein Schuh wirklich drückt. Immerhin helfen ihm die gleichgeschalteten Ärzte, seine verlorene Selbstständigkeit wieder zu erlangen. Da trifft auch mich ein Pfeil, aua, direkt in eine wunde Stelle. Das tut weh. Ich lasse mir nichts anmerken, aber bin perplex, dass mein Gegenüber so ungeniert die Grenzen des Anstands überschreitet.
Die Begegnung läuft mir noch eine Weile nach. Ich bin in meiner Rolle sehr offen und ungeschützt unterwegs, und mein einziges Instrument bin ich selber. Die allermeisten Menschen schätzen das Vertrauen und erwidern es mit Zugänglichkeit und Respekt. So können wertvolle Begegnungen entstehen.
Doch bei so viel Grundmisstrauen hätte ich besser nicht auf Schutzmassnahmen verzichtet, zumal doch auch die Maskenpflicht am Inselspital wie- der gilt. Ob Einwegschürzen, Masken und Schutzbrillen auch vor verbaler Kontamination schützen?
Marianne Kramer, ref. Seelsorgerin