Papst Paul VI. verfolgt am 21. Juli 1969 in der päpstlichen Sternwarte die Landung der Mondlandefähre Eagle. Foto: KANN

Darf man Ausserirdische taufen?

04.07.2019

50 Jahre Mondlandung

600 Millionen Menschen sollen vor 50 Jahren die Mondlandung live am Fernsehen gesehen haben. Auch der damalige Papst Paul VI. verfolgte das Spektakel. Der Vatikan hatte schon immer eine gewisse Affinität zum Ausserirdischen.


von Andreas Krummenacher


Am 21. Juli 1969, in der Nacht um vier Minuten vor vier mitteleuropäischer Zeit, betraten Neil Armstrong und danach Buzz Aldrin den Mond. Die Mission Apollo 11 war damit ein voller Erfolg.

Papst Paul VI. verfolgte die Ereignisse rund um die Mondlandung mit Interesse. Er hatte den US-Astronauten einen handgeschriebenen, auf Englisch verfassten, Brief mitgegeben: «Tragt zum Mond mit eurer lebendigen Gegenwart die Stimme des Geistes, das Loblied auf Gott unseren Schöpfer und Vater.»

Die Mondlandung selbst schaute sich Papst Paul VI. ebenfalls live am TV in der päpstlichen Sternwarte nahe Castel Gandolfo an. Nach der Landung schickte er den Astronauten über Funk eine Botschaft: «Ehre, Gruss und Segen Euch, die ihr den Mond erobert habt, das bleiche Licht unserer Nächte und unserer Träume. Bringt dem Mond mit unserer lebhaften Teilnahme die Stimme des Geistes, den Hymnus für Gott, unseren Schöpfer und Vater.»

Schon im Vorfeld war die Mondlandung im Vatikan Thema. Astronaut Frank Borman sprach auf Einladung des Papstes 1969 im Vatikan als Kommandant der Apollo-8-Mission über das amerikanische Raumfahrtprogramm.

Die eigene Sternwarte

Das passt ins Konzept. Die Kirche betrachtete den Weltraum jahrhundertelang als ihr Territorium. Das kann nicht überraschen, Gott wohnt überall. Viele berühmte Astronomen waren Priester und Ordensleute. Seit dem 16. Jahrhundert unterhält der Vatikan seine eigene Sternwarte. Es ist damit eine der ältesten Forschungseinrichtungen der Astronomie.

Das Institutszentrum befindet sich weiterhin in Castel Gandolfo, nahe Roms. Die Forschungs- und Bildungseinrichtungen befinden sich dagegen seit 1981 an der Universität von Arizona in den USA. In Safford gibt es ein eigenes Observatorium, die «Vatican Observatory Research Group» arbeitet dort in einem der modernsten Zentren der Astronomie.

Diese wissenschaftlichen Einrichtungen werden von den Jesuiten betrieben und geleitet. Die Wissenschaftler*innen liefern offenbar bedeutende und wichtige Beiträge vor allem im Bereich der Astronomie, der Astrophysik und des Dialogs zwischen Naturwissenschaft, Philosophie und Theologie.

UNO-Weltraumvertrag

Seit den 1950er Jahren lieferten sich die USA und die Sowjetunion den sogenannten Wettlauf zum Mond. Darum trat im Oktober 1967 der UN-Weltraumvertrag in Kraft. Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich darin unter anderem, den Weltraum friedlich zu nutzen. Der Heilige Stuhl gehörte zu den ersten Unterzeichnern dieses internationalen Abkommens.

Der Vatikan will bei den Diskussionen um Raumfahrt und Weltraum im Rahmen der UNO sein friedenspolitisches Engagement unterstreichen und die katholische Soziallehre propagieren, sind mit dem Weltraumvertrag doch der Verzicht auf Atomwaffen verbunden.

Ausserdem sollen ausserirdische Ressourcen nur für das Gemeinwohl eingesetzt werden. Gerade dieser Punkt dürfte in den nächsten Jahren wieder aktuell werden, geht doch die Diskussion dahin, «seltene Erden» auf dem Mond abzubauen, um sie für die Handyproduktion einzusetzen.

Die Rede des Papstes zur Mondlandung

Das «pfarrblatt» druckte die Rede ab, die Papst Paul VI. anlässlich der Mondlandung gehalten hatte (Nr. 31 vom 1. August 1969, siehe unten). Darin sagte der Papst: «Im Taumel dieses prophetischen Tages, dieses wahren Triumpfs der vom Menschen zur Beherrschung des Kosmos geschaffenen Mittel dürfen wir nicht vergessen, wie notwendig und pflichtgemäss es ist, dass der Mensch sich selbst zu beherrschen vermag. Auf dem Antlitz der Erde sind, wir wissen es alle, immer noch drei Kriege im Gang: in Vietnam, in Afrika und im Nahen Osten. (...) Und dann der Hunger, der immer noch ganze Völker bedrängt. Wo ist die wahre Menschlichkeit? Wo ist die wahre Brüderlichkeit? Wo bleibt der wahre Fortschritt des Menschen, wenn dieses Unglück weiterbestünde und sich verschlimmerte? Möge doch der Fortschritt, von dem wie heute einen erhabenen Sieg feiern, sich dem wahren zeitlichen und sittlichen Wohl der Menschheit zuwenden. Darum lasst uns beten.»

Herausgegriffen: Mondnachrichten

Der heute 89-jährige Buzz Aldrin, der zweite Mensch auf dem Mond, ist gläubiger Presbyterianer. Er hatte auf der Mondfahrt Brot und Wein im Gepäck. Sein Pastor gab ihm diese geistliche Nahrung bei einer Abendmahlfeier mit, Aldrin liess sie speziell in Plastik einschweissen.

Aldrin war es auch, der vor dem Start um einen kurzen Moment der Stille bat. In seiner Autobiographie schreibt er, dass er die NASA-Mitarbeitenden gebeten habe, die Ereignisse der vergangenen Stunden zu betrachten und zu danken. Er selbst habe still im Johannesevangelium gelesen. Dann habe er für die Mondmission gebetet.

Der letzte Mensch auf dem Mond war 1972 Eugene Cernan. Paul VI. empfing ihn im selben Jahr im Vatikan. Cernan brachte dem Papst als Geschenk Mondgestein mit und eine vatikanische Flagge, die er auf dem Mond mit an Bord hatte.

Ganz zum Schluss noch dies: Papst Franziskus zeigte bislang offenbar nur wenig Weltraumbegeisterung. Einmal soll er, laut dem Onlineportal katholisch.de, einen Beitrag zur galaktischen Theologie geleistet haben, indem er auf die Frage, ob man Ausserirdische taufen könnte, geantwortet haben: Wenn der Ausserirdische darum bittet, warum nicht?

 

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Reflexionen nach dem Flug zum Mond

Papst Paul VI. hielt am Tage der Landung auf dem Mond folgende Ansprache:

«Wir tun gut daran, über dieses aussergewöhnliche und erstaunliche Ereignis nachzudenken – nachzudenken über den Kosmos, der uns sein stummes, geheimnisvolles Antlitz enthüllt im grenzenlosen Rahmen der unzähligen Jahrhunderte und des unmessbaren Raumes.

Was ist das Universum, woher kommt es, wie ist es entstanden und warum? Wir tun gut daran, über den Menschen nachzudenken, über seine wunderbaren Talente, über seinen verwegenen Mut, über seinen phantastischen Fortschritt. Als fast unmerklicher Punkt vom Kosmos beherrscht, herrscht der Mensch doch mit seinem Denken über den Kosmos.

Und wer ist der Menschen? Wer sind wir, die wir zu so grossen Dingen fähig sind? Wir tun gut daran, über den Fortschritt nachzudenken. Die wissenschaftliche und tätige Entwicklung der Menschheit erreicht heute einen Punkt, der unerreichbar schien: wohin kann das Denken und Handeln des Menschen noch gelangen?

Die Bewunderung, die Begeisterung, die Leidenschaft für die Instrumente, für die Ereignisse des menschlichen Geistes und Schaffens phaszinieren uns, vielleicht bis zur Follie. Und hier liegt eine Gefahr. Vor diesem möglichen Götzendienst am Instrument müssen wir uns in acht nehmen.

Es ist wahr, dass das Instrument die Wirksamkeit des Menschen übe jede Grenze hinaus vervielfacht, aber ist diese Wirksamkeit immer zum Vorteil des Menschen? Macht sie den Menschen besser? Macht sie ihn menschlicher? Oder könnte nicht das Instrument den Menschen, der es produziert, gefangennehmen und zum Sklaven des Lebenssystems machen, das das Instrument in seiner Produktion und in seinem Gebrauch seinem eigenen Beherrscher auferlegt?

Wieder einmal hängt alles vom Herzen des Menschen ab. Das Herz des Menschen muss unbedingt umso freier, umso besser, umso religiöser werden, je grösser und gefährlicher die Macht der Maschinen, der Waffen, der Instrumente ist, die der Mensch sich selbst zur Verfügung stellt.

Im Taumel dieses prophetischen Tages, dieses wahren Triumpfs der vom Menschen zur Beherrschung des Kosmos geschaffenen Mittel dürfen wir nicht vergessen, wie notwendig und pflichtgemäss es ist, dass der Mensch sich selbst zu beherrschen vermag.

Auf dem Antlitz der Erde sind, wir wissen es alle, immer noch drei Kriege im Gang: in Vietnam, in Afrika und im Nahen Osten. Dazu ist noch ein vierter gekommen, der gerade in diesen Tagen in Salvador und Honduras Tausende von Opfern gefordert hat. Und dann der Hunger, der immer noch ganze Völker bedrängt.

Wo ist die wahre Menschlichkeit? Wo ist die wahre Brüderlichkeit? Wo bleibt der wahre Fortschritt des Menschen, wenn dieses Unglück weiterbestünde und sich verschlimmerte? Möge doch der Fortschritt, von dem wie heute einen erhabenen Sieg feiern, sich dem wahren zeitlichen und sittlichen Wohl der Menschheit zuwenden. Darum lasst uns beten.»

«pfarrblatt» Nr. 31, 1. August 1969