Ein Gardist in der sogenannten "Ruhestellung". Foto: Oliver Sittel

Das fliegende Auge der Schweizergarde

Oliver Sittel ist Fotograf der Schweizergarde. In der Paulus-Akademie gewährt er Einblicke hinter die Mauern des Vatikans und der Kaserne der Schweizergarde. Eine Bilderstrecke.

 

Vera Rüttimann

Oliver Sittel ist schon lange mit der Schweizergarde verbunden. Genau genommen seit seinem zehnten Lebensjahr. Damals, so erzählt er in seinem Vortrag in der Zürcher Paulusakademie, habe ihm der Pfarrer seiner pfälzischen Heimatgemeinde zum ersten Mal von der Schweizergarde erzählt. Der Priester hatte in Rom studiert und schwärmte von der päpstlichen Armee. «Das wollte ich auch. Nur wusste ich damals nicht, dass dieser Dienst nur Schweizern vorbehalten ist», sagt Oliver Sittel. 

Heute ist Sittel als Seelsorger in der Schweiz tätig und pflegt einen engen Kontakt mit der Schweizergarde. Im Jahr 2012 durfte er für die damalige schweizerische Presseagentur «Kipa» erstmals Bilder von der Schweizergarde machen. Mittlerweile gehört Sittel zu den offiziellen Fotografen der Gardisten und porträtiert regelmässig die Vereidigungen, aber auch den Alltag in der Kaserne. An diesem Abend in Zürich entführt Oliver Sitten mit seinen Bildern das Publikum hinter die Mauern des Vatikans.

 

Vom Rekruten zum Gardisten

Als Einstieg wählt er ein Foto, das eine Plakette mit dem Datum des 13. Mai 1981 zeigt. «Was war damals?», fragt er in den voll besetzten Saal. «Die Plakette markiert die Stelle, an der Papst Johannes Paul II. angeschossen wurde», erklärt er. «Das drückt für mich gut aus», fährt er fort, «was der Dienst in der Garde bedeutet: Wenn es sein muss, das eigene Leben für den Papst hinzugeben.» Dann nimmt er seine Gäste mit auf eine visuelle Reise, die zeigt, wie aus Rekruten Gardisten werden. 

 

Seine Bilder zeigen, wie sich die Rekruten beim Empfang in der Kaserne melden; wie sie ihre kleine Koje beziehen, das Innere der Kaserne inspizieren und wie sie ihren Dienstort besichtigen. Seine Bilder sind Spiegel der Stimmung der Gardisten. 

 

Dabei beim grossen Tag 

Als Fotograf der Garde müsse man schnell auf den Beinen sein, um zu guten Fotomotiven zu kommen. «Vor allem, wenn die Gardisten die Treppen des Vatikans hinuntereilen». Flink musste Sittel auch am 6. Mai sein, dem Tag, an dem die neuen Gardisten im Damasushof vereidigt werden. Wie die Gardisten den Eid üben, hat er zuvor dokumentiert: die eine Hand an der Fahne, die andere zum Schwur gen Himmel. 

 

Am Tag der Vereidigung fotografiert der Deutsche diejenigen, die den Schritt wagen. Die Gardisten kennen Sittel und gewähren ihm – und dadurch uns – auch Blicke hinter die Kulissen, zum Beispiel in die Waffenkammer, wo sich Gardisten helfen, ihre Brust- und Armpanzer anzulegen.

 

In der zweiten Hälfte des Vortrags nimmt Sittel die Besucher:innen auf eine visuelle Reise durch einen typischen Tag der Garde. Der Fotograf ist mit der Kamera dabei, wenn die jungen Gardisten um sechs Uhr morgen ihr ausgiebiges Frühstück einnehmen. Neben Gardisten ist das Licht ein zentraler Akteur in Sittels Bildern: Immer wieder fängt er es meisterhaft mit seiner Kamera ein. 

 

Der letzte Kick

Und doch, sagt Oliver Sittel, komme es vor, dass er nicht abdrücken dürfe. Zum Beispiel, wenn Papst Franziskus nicht gestört werden solle oder Zurückhaltung geboten sei. «Sich an die Regeln halten, gehört einfach dazu. So kann ich meinen Respekt erweisen und meinen kleinen Teil beitragen», so Sittel. 

Zu seinem Vortrag hat der Fotograf auch sein Buch «Schweizergarde - Eine Fotodokumentation“ mitgebracht, das er 2015 realisieren konnte. Er sagt dazu: «Ich bin stolz, wenn mir Gardisten sagen, dass sie mein Buch gelesen haben. Und noch mehr, dass es ihnen den letzten Kick gegeben habe, sich bei der Schweizergarde zu bewerben».