Foto: Gruppenbild Vatikan

Die Synode ist mutig. Ob es reicht, hängt auch von den Schweizer Bischöfen ab

Besonders in der Frauenfrage hat sich die Synode den Mund nicht verbieten lassen. Das ist auch der Verdienst der Schweizerin Helena Jeppesen-Spuhler. Ein Kommentar.

 

Annalena Müller*

In Rom ging am Sonntagmorgen die Weltsynode zu Ende. 351 Männer, vor allem Bischöfe, und 54 Frauen aus aller Welt haben vier Wochen über grundlegende Reformen beraten. Besonders in Europa waren die Erwartungen an die Synode enorm. Es ging um nichts weniger als die Frage: Gelingt dem Vatikan der Anschluss an die Moderne? Und: Gewährt die katholische Kirche Frauen endlich gleiche Rechte? 

Hohe Erwartungen

Die europäischen Erwartungen an greifbare Reformen mussten enttäuscht werden. Denn eine Synode, gleich wie symbolbehangen, kann keine Beschlüsse fassen. Da ist das Kirchenrecht eindeutig. Aber sie kann Empfehlungen aussprechen und Druck aufbauen. Und beides haben die Synodalen im Abschlussdokument überraschend mutig getan.

Von den Ortskirchen fordert die Synode unter anderem mehr Einfluss von Laien auf kirchliche Entscheidungen, Mitspracherecht bei Bischofswahlen und eine Rechenschaftspflicht der Bischöfe gegenüber ihrer Basis inklusive regelmässiger Evaluierung ihrer Arbeit.

Und auch in der für den Westen wichtigen Frauenfrage blieb die Synode standhaft - gegen massive Widerstände aus dem Vatikan. Obwohl der Papst während der Synode dem Frauendiakonat zunächst eine Absage erteilte, ertrotzten Reformkräfte einen Passus im Abschlussdokument, der fordert, die Diskussion über den Zugang von Frauen zu Weiheämtern fortzuführen.

Frauenfrage

Wie gross die Widerstände auch innerhalb der Synode bei diesem Thema sind, zeigt, dass kein anderer Passus so viele Gegenstimmen erhielt (97 Nein-Voten bei 355 Stimmabgaben). 

Innerkirchlich ist die Durchsetzung dieses Passus ein beachtlicher Erfolg, der vom modernen Selbstverständnis gerade der Synodenfrauen zeugt. Eine andere Frage ist, ob der Beschluss, die Frauenfrage weiter zu diskutieren, ausreicht, um den seit Jahren andauernden Exodus der Frauen zu stoppen. 

«Für die Schweiz kommt die Synode eigentlich zu spät», räumte die Schweizer Delegierte Helena Jeppesen-Spuhler im September ein. Und trotzdem kämpfte sie in Rom für Gleichberechtigung. Während der Synode wurde sie zur inoffiziellen Anführerin der Frauenlobby. Jeppesen-Spuhler schmiedete Allianzen, organisierte eine Audienz der Frauen beim Papst und fand immer wieder klare Worte gegen das päpstliche Nein zum Frauendiakonat. Dafür gebührt ihr Respekt. Denn Druck und Gegenwind, denen sie in den letzten Wochen ausgesetzt war, dürften gross gewesen sein.

Synode als Meilenstein

Auch wenn die Synode selbst keine Reformen liefern konnte, so sind ihre Beschlüsse ein wichtiger Meilenstein dorthin. Der Papst hat den Abschlussbericht bereits approbiert. Das macht ihn nicht zum Kirchenrecht, aber es gibt ihm mehr Gewicht. Nun liegt es auch an den nationalen Bischofskonferenzen, was sie damit machen.

Mit der sogenannten Synodalitätskommission verfügt die Schweiz seit September sogar über eine entsprechende Struktur, welche die Forderungen nach mehr Partizipation umsetzen könnte. Wie viel konkrete Reformen aus der Synode hervorgehen, liegt damit nicht mehr allein an Rom, sondern auch an der Schweizer Bischofskonferenz.

Eine gute Nachricht für alle, die auf Reformen hoffen: Helena Jeppesen-Spuhler ist Mitglied der Synodalitätskommission. 

 

*Eine Version dieses Kommentars erschien zuerst im Tagesanzeiger.