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Den Horizont erweitern

08.09.2022

Aki-Kolumne von Marco Schmidhalter

Während der letzten zwei Jahre be­suchte ich während je neun Samstagen in Bern den TBI­-Kurs «Bibel verste­hen» und in Zürich den Kurs «Gott und Welt verstehen». Zum Schluss wurden beide Kurse mit zwei kleinen schriftli­chen Arbeiten und mündlichen Prü­fungen abgeschlossen. Diese beiden Kurse sind Teil der Ausbildung des kirchlichen Ausbildungssystems For­ Modula.

Beim Kurs «Bibel verstehen» beschäftigten wir uns mit dem ersten und zweiten Testament, und wir be­trachteten, wer Jesus genau war und was er getan und bewirkt hat. Oft hat­te ich das Gefühl, die Bibel sollte so verstanden werden, wie sie geschrie­ben ist, und ich nahm die biblischen Erzählungen meist sehr wörtlich. Eine grosse Bereicherung für meinen Glau­ben war die Einsicht, dass die Bibel auch Raum für Interpretationen und eigene Gedanken lässt.

Weiter merk­te ich in der Diskussion mit den rest­lichen Teilnehmenden, dass alle die Texte anders verstehen. Im Austausch konnten die Ansichten verglichen wer­ den, und dies empfand ich als sehr wertvoll, weil ich so meinen eigenen Horizont erweitern konnte. Eine mei­ner zwei schriftlichen Arbeiten han­delte über die wundersame Brotver­mehrung, die Speisung der 5000.

Genau diesen Text nahm ich als Kind im Religionsunterricht immer wörtlich und mir schien diese Brotvermehrung unglaubwürdig. In der Auseinander­ setzung öffnete sich mir eine äusserst spannende Vertiefung in diesen Text, besonders im Hinblick auf die soziale Dimension: Falls wir das, was wir be­sitzen, mit anderen teilen, und unsere Liebe weitergeben, haben alle etwas davon und können daraus Kraft schöpfen – sogar im Überschuss.

Die Grundthemen des Kurses «Gott und Welt verstehen» waren der Sinn und das Ziel des Lebens, die Kirche als Ort der Begegnung und die theologische Ethik. In diesem Kurs war der Diskurs mit den Teilnehmenden und der Kurs­leitung auf einer sehr persönlichen Ebene, denn auch hier trafen diverse Weltanschauungen aufeinander. In meiner letzten Arbeit vertiefte ich mich in das Thema der Abtreibung. Dies war äusserst schwierig für mich, da eine objektive Betrachtung des Themas nicht ganz einfach war. Den­noch konnte ich meine Sichtweisen erweitern und vieles dazulernen.

Die TBI­-Kurse kann ich allen an Glaubens­ fragen Interessierten nur weiteremp­fehlen. Denn eine Weiterentwicklung fand bei mir sowohl theologisch wie auch persönlich statt!

Marco Schmidhalter

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