Bild: Pia Neuenschwander
Der Drache mit den 7 Köpfen
Siebenköpfige Ungeheuer und Sagenhelden in unserer Jahresserie zur Zahl 7.
Drachen gibt es in Wirklichkeit nicht. Sie existieren nur in der Fantasie der Menschen. Umso besser eignen sie sich als Projektionsflächen – der Drache als Symbol des Bösen, vor allem der siebenköpfige, wie er vom Evangelisten Johannes in der Apokalypse dargestellt wird.
Sankt Georg, der berühmteste Drachentöter aller Zeiten, hatte Glück: Sein feuerspeiender Widersacher besass nur einen einzigen Kopf. Denn seit Urzeiten werden die Ungeheuer in den Märchen und Sagen als siebenköpfig beschrieben. Sieben Köpfe, das bedeutet Wendigkeit und verspricht Unbesiegbarkeit. Kämpfe gegen Drachen sind immer kräfteraubend. Drachentöter zählen zu den beliebtesten Märchen- und Sagenhelden. Ihnen gehört heute noch unsere Sympathie, weil sie das Gute verkörpern, die das Böse in der Gestalt der Drachen besiegen. Und wir gönnen ihnen von Herzen, dass sie zur Belohnung die Prinzessin, die vom Drachen als nächstes Menschenopfer vorgesehen gewesen wäre, heiraten dürfen.
Der siebenköpfige Drache gilt in der Mythologie des alten Vorderen Orients, wie man auf der Webseite der Schweizerischen Gesellschaft für Symbolforschung nachlesen kann, als «lebensfeindliche Macht». Wer diese überwindet, schafft Frieden und Ordnung. Diese Botschaft vermittelt auch die Apokalypse, in der wie in der gesamten Bibel die alten nahöstlichen Traditionen weiterleben. Geschildert wird hier über mehrere Kapitel hinweg der Endkampf Gottes gegen den Satan in Gestalt eines siebenköpfigen Ungeheuers.
Die wort- und bilderreiche Darstellung des wahrlich apokalyptischen Geschehens durch den Evangelisten Johannes hat über Jahrhunderte hinweg die Fantasie von schreibenden und zeichnenden Interpreten beflügelt. Einige sahen in den sieben Köpfen des Drachens die Stadt Rom mit ihren sieben Hügeln als Symbol der feindlichen römischen Herrschaft. Im Mittelalter erkannten Exegeten darin ein Sinnbild für die sieben Todsünden. Über Jahrhunderte prägend waren Albrecht Dürers Holzschnitte von 1511, auf denen er die Begegnung «der mit der Sonne bekleideten Jungfrau und dem siebenköpfigen Drachen» und den «Kampf Michaels mit dem Drachen» festhielt.
Für den Reformator Martin Luther schliesslich symbolisierte der Drache das seiner Meinung nach korrumpierte Papsttum. Anspielungen darauf sind in den Illustrationen Lukas Cranachs d.Ä. zur Apokalypse im sogenannten «Septembertestament» Luthers von 1522 zu erkennen. So trägt der Drache die an den drei Reifen erkennbare Tiara auf dem Kopf. Die Antwort auf diese klare Spitze gegen den Papst liess nicht lange auf sich warten: Luthergegner Johannes Cochläus karikierte 1529 Luther als siebenköpfiges apokalyptisches Ungeheuer in der Absicht, die vielen Gesichter und Widersprüchlichkeiten des Reformators zu entlarven.
Gleichsam eine Schwester des siebenköpfigen Drachens ist die siebenköpfige Schlange, die als Hydra auf die griechische Sagenwelt zurückgeht. Und nicht zu vergessen der kleine Drache, die Katze. Sieben Köpfe hat sie zwar nicht, dafür aber sieben Leben.
Synes Ernst
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