Von Beginn an als Kollegial- und Konsensbehörde konzipiert: der siebenköpfige Bundesrat. Foto: Pia Neuenschwander
Der siebenköpfige Bundesrat
Die Anzahl der Bundesräte hat weniger mit der Magie der Zahl 7 zu tun als mit praktischen Überlegungen. Ein Beitrag zur Jahresserie von Synes Ernst.
Wer glaubt, die Zahl von sieben Mitgliedern im Bundesrat sei eine Reverenz vor der magischen oder gar göttlichen Sieben, täuscht sich. Die seit 1848 unveränderte Grösse ist höchstwahrscheinlich das Ergebnis von praktischen Überlegungen.
«Ich muss Sie enttäuschen», sagt der emeritierte Freiburger Geschichtsprofessor und Bundesrats-Experte Urs Altermatt. Die Magie der Zahl Sieben habe 1848 bei der Festlegung der Zahl der Mitglieder des Bundesrats «kaum eine Rolle gespielt». Die Frage, wie viele Köpfe die eidgenössische Regierung künftig zählen sollte, wurde laut Altermatt bei der Staatsgründung «nur am Rande» diskutiert. Ob es denn doch nicht ein historisches Vorbild gegeben habe, zum Beispiel das Gremium, das den deutschen Kaiser wählte, die sieben Kurfürsten? Nochmals lautet die Antwort Altermatts: «Ich muss Sie enttäuschen, nein.»
Drei, fünf oder sieben? Höchstwahrscheinlich ist die Zahl von sieben Bundesratsmitgliedern das Ergebnis von praktischen Überlegungen. Im obersten politischen Führungsgremium sollten die Landesteile und -sprachen angemessen vertreten sein, ebenfalls – nach dem Sonderbundskrieg wichtig – die Konfessionen. Damit diese Ansprüche verwirklicht werden konnten, brauchte es eine bestimmte Grösse. Das legte die Zahl von sieben Mitgliedern nahe. Nach der ersten Wahl vom 16. November 1848 stellte die «NZZ» zufrieden fest: «Dem Prinzip der Repräsentation ist in weitem Umfange Rechnung getragen worden. Alle drei Nationalitäten … sowie beide Konfessionen sind repräsentiert.» Dass die parteipolitische Zusammensetzung völlig einseitig war, betrachtete das freisinnige Hof- organ als selbstverständlich: Von 1848 bis 1892 gab es eh nur freisinnige Bundesräte.
Der Bundesrat war von Anbeginn an als Kollegial- und Konsensbehörde konzipiert, in der alle Mitglieder gleichberechtigt im Kollektiv mitregieren und die Entscheide mittragen. Ein solches Gremium ist aber nur bis zu einer bestimmten Grösse funktions- und handlungsfähig. Wo liegt die Grenze? Nach Meinung von Experten für Führungsfragen umfasst die optimale Grösse solcher Gruppen aus psychologischer Sicht fünf bis sieben Personen. Damit passt der Bundesrat genau in diesen Rahmen.
In der Geschichte der modernen Schweiz gab es immer wieder die Forderung nach einer Erhöhung der Zahl der Mitglieder im Bundesrat. Angesichts der steigenden Komplexität der Probleme sei die Regierung in ihrer heutigen Form den Aufgaben nicht mehr gewachsen und könne vor allem die Funktion der strategischen Führung nur ungenügend wahrnehmen. Bisher sind alle Anläufe, das Gremium zu vergrössern, gescheitert, zuletzt 2016. Auffallend ist, dass die Befürworter des heutigen Systems unter anderem damit argumentieren, dass für sie der Gedanke der Kollegialität in einer Siebner-Behörde besser aufgehoben sei als in einem Neuner-Gremium.
Das ist nachvollziehbar, aber für unsere Serie wäre es schöner, sie würden sich auf die Magie der Zahl Sieben berufen ...
Synes Ernst