Eine Familie muss ihren Hof verlassen, weil das Sihlhochtal geflutet wird. Archivbild © reckfilm.ch

Der Traum vom grossen blauen Wasser

01.12.2022

Fragmente und Fundstücke einer Hochtal-Geschichte. Film-Tipp

Am 19. April 1937 begann um 10.49 Uhr die Stauung der Sihl am Etzel bei Einsiedeln. Das Wasser des entstandenen Sihlsees bedeckten schliesslich elf Quadratkilometer enteignetes Land. Bauernhöfe, Kapellen, Ställe, Brücken, Wiesen und Torffelder fielen der Überflutung zum Opfer. Damit hatte Einsiedeln nicht nur den grössten Wallfahrtsort der Schweiz, sondern auch das grösste Speicherbecken für ein Wasserkraftwerk.

Karl Saurer hat in seinem Film aus dem Jahr 1993 die Entstehung des Sihlsees dokumentiert. Im Interview mit Paul und Anton Gyr etwa, die einen der 120 Bauernhöfe verlassen mussten, bekommen die Widersprüche zwischen voralpiner Agrar-Region und industrialisiertem Unterland ein Gesicht. Sie erzählen die Geschichte vom Konflikt zwischen Eigenständigkeit und Fremdbestimmung, ökonomischen und ökologischen Interessen.

Der frisch restaurierte Dokumentarfilm von Karl Saurer ist heute besonders interessant, weil im kommenden Winter Konzessionsverhandlungen zwischen der SBB und den Kantonen Schwyz, Zug und Zürich über die weitere Nutzung des Sihlsees anstehen. Zudem stellt der Film in einer Zeit der drohenden Energie-Knappheit exemplarisch die Frage nach dem gesellschaftlichen Wert der Ressource Wasser und Strom.

Eva Meienberg, Redaktorin Medientipp

«Der Traum vom grossen blauen Wasser – Fragmente und Fundstücke einer Hochtal-Geschichte», Schweiz 1993, Restaurierte Fassung 2022; Regie: Karl Saurer, Verleih: reckfilm.ch
Die Filmvorführungen finden in Anwesenheit von Elena M. Fischli statt. Die Autorin und Verlegerin hat am Drehbuch zum Film mitgearbeitet und war von 1988 bis zum Tod von Karl Saurer im Jahr 2020 ständige Mitarbeiterin des Filmemachers.

Vorführung am 11. Dezember 2022 um 11.00 Uhr in Bern/Cine Rex, Schwanengasse 9, Bern