Eines der edelsten Wahrzeichen des jüdischen Volkes - die Menora. Foto: Pia Neuenschwander

Die 7-armige Menora

06.12.2017

Das «jüdische Kultzeichen par excellence» verweist auf die sieben Wochentage und den dadurch gegebenen Rhythmus von Arbeiten und Beten.

Die Menora ist eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums. Form und Gestalt des siebenarmigen Leuchters gehen auf einen göttlichen Bauplan zurück, was wiederum auf die herausragende Stellung der Zahl Sieben in den Kulturen und Religionen des Vorderen Orients hindeutet.

«Mach einen Leuchter aus purem Gold! Der Leuchter, sein Gestell und sein Schaft, seine Kelche, Knospen und Blüten sollen aus einem Stück getrieben sein.» Das Prunkstück sollte seinen festen Platz im Heiligtum bekommen, mit dessen Bau Moses auf dem Berg Sinai von Jahwe beauftragt wurde. Doch es blieb nicht bei dieser vage formulierten Anleitung. Im Buch Exodus (25,31–40 und 37,17–24) kann man den bis in die kleinsten Details gehenden göttlichen Bauplan nachlesen.

Dass Form und Gestalt die göttliche Handschrift tragen, verleiht der Menora bis heute eine besondere Symbolkraft. Seit 1948 ziert der siebenarmige Leuchter das Wappen Israels, was sehr viel über das Selbstverständnis des damals neu gegründeten Staates aussagt.
Rabbiner Michael Goldberger schreibt: «Ihre einzigartige Schönheit und die ihr innewohnende Symbolik machen die Menora zu einem der edelsten Wahrzeichen des jüdischen Volkes.» Diese Symbolik ist tatsächlich stark. Auf der geistigen Ebene soll die Menora nach Goldberger «Herz und Verstand erleuchten und das jüdische Volk inspirieren, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, indem es Raum schafft für das Licht der Tora».

Seine Baumform repräsentiere zudem «Entfaltung, Entwicklung und Wachstum», aber auch das Spannungsfeld von Einheit und Vielfalt. Die Siebenzahl der Leuchten verweist schliesslich, so Goldberger, auf die göttliche Schöpfungsordnung mit ihren sieben Wochentagen und den dadurch gegebenen Rhythmus von Arbeiten und Beten.

Während ihrer 40-jährigen Wanderung durch die Wüste trugen die Israeliten das Stiftszelt inklusive der 1,5 Meter hohen und 75 Kilogramm schweren Menora stets mit sich. Nach der Eroberung des gelobten Landes fand der Leuchter seinen Platz im ersten Tempel in Jerusalem. König Salomon (ca. 970–930 v. Chr.) wollte offenbar mehr Licht und liess gar zehn goldene Menorot aufstellen, doch beim Bau des zweiten Tempels (ca. 515 v. Chr.) beschränkte man sich wieder auf eine.
Bei der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. durch Titus raubten die Römer den heiligen Kultgegenstand und brachten ihn nach Rom. Als Teil der Beute ist die Menora heute noch am Titusbogen in Rom zu sehen. Es handelt sich um die letzte historische Darstellung; die Menora selber ist nach vielen Irrwegen über Karthago und Konstantinopel verschollen.

Das «jüdische Kultzeichen par excellence» (Goldberger) lebt weiter, unter anderem in den unzähligen Nachbildungen in den jüdischen Gotteshäusern. In der Berner Synagoge steht jedoch eine Chanukja, ein Leuchter ebenfalls in Baumform, aber mit acht Armen. Sie wird nach Auskunft von Rabbiner Sandor Polnauer verwendet, «weil die Menora uns schmerzlich an den Verlust des Tempels erinnern würde».

Synes Ernst


<link pfarrblatt-angelus pfarrblatt-bern serie-2017>Die Jahresserie 2017 im Überblick