Zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher und ein Mund – exakt sieben Wahrnehmungsöffnungen hat der Mensch an seinem Kopf. Foto: Pia Neuenschwander

Die 7 Wahrnehmungsöffnungen am Kopf

15.11.2017

Sieben Wahrnehmungsöffnungen hat der Mensch an seinem Kopf - womöglich eine Begründung für die Sonderstellung der Zahl Sieben.

Zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher und ein Mund – exakt sieben Wahrnehmungsöffnungen hat der Mensch an seinem Kopf. Verschiedene Kulturen sehen in diesem Phänomen eine Begründung für die Sonderstellung der Zahl Sieben.

Der Dichter Gottfried Keller (1819–1890) sagte es in seinem berühmten «Abendlied» so: «Augen, meine lieben Fensterlein, gebt mir schon lange holden Schein, lasset freundlich Bild und Bild herein (…), trinkt, o Augen, was die Wimper hält, vom goldnen Überfluss der Welt!»
Lyrischer lässt sich die Funktion der Augen gar nicht umschreiben: Sie sind die Fenster, durch die der Mensch sein Umfeld wahrnimmt, sie sind Öffnungen, die Innen und Aussen verbinden.

Mit dieser Funktion sind die Augen allerdings nicht allein. Sieben solcher Wahrnehmungsöffnungen oder Tore zur Welt gibt es am menschlichen Schädel – neben den beiden Augen je zwei Ohren und Nasenlöcher sowie den Mund. Aus dieser Konstellation haben verschiedene Kulturen die Sonderstellung der Sieben als magische oder heilige Zahl hergeleitet.

Der Mensch nimmt die Welt über das Sehen (Augen), Hören (Ohren), Riechen (Nase), Schmecken (Zunge/Mund) sowie das Tasten und Fühlen (Haut) wahr. Vier der fünf klassischen Sinnesorgane sind im Kopf lokalisiert, wo auch das Gehirn sitzt, das die Informationen, die es via ebendiese Sinnesorgane über unser Umfeld bekommt, analysiert und bewertet. Erst über diesen Prozess entdecken wir die Welt und lernen, wie und ob wir auf das reagieren, was wir sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen.
80 Prozent der Informationen, die unser Gehirn erreichen, sind visueller Natur, was bedeutet, dass Sehen der dominante Sinn ist. Ein Viertel des Gehirns ist mit der Verarbeitung der sichtbaren Welt beschäftigt. Im Hören sieht die Hirnforschung den sensiblen Sinn, der feinste Töne wahrnehmen kann, während das Riechen mit hoher Emotionalität verbunden ist, ebenfalls das Schmecken. Tasten ist schliesslich – im Unterschied zu Sehen, Hören und Riechen – Berührung, was auch Intimität bedeutet.

Wer sich der Welt verschliesst, will nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Dafür gibt es eine eigene Symbolfigur, die jedes Kind kennt – die drei Affen, die sich die Augen, die Ohren und den Mund zuhalten. Die hierzulande bekannte Version ist die Verkürzung eines konfuzianischen Moralsatzes: «Was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, darauf schaue nicht; was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, darauf höre nicht; was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, davon rede nicht; was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, das tue nicht.»

Es geht hier also ursprünglich um angemessenes Verhalten und nicht um die Abkehr von der Welt. Ganz abgesehen davon: Wer sich um seine Verantwortung für das Geschehen in seinem Umfeld drücken will und dafür die drei Affen nachahmt, übersieht, was ein Graffiti-Künstler grandios auf den Punkt gebracht hat: «Wenn die Ohren zu, die Augen geschlossen, der Mund gehalten, riecht doch die Nase, wie’s stinkt.»

Synes Ernst


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