Der Künstler kehrt hier die Reihenfolge des Glaubensbekenntnisses um, wir lesendie Bilder von links nach rechts: Heiliger Geist, Sohn, Vater. Weist seine Darstellung darauf hin, dass in der Dreifaltigkeit keine Hierarchie besteht? Drei Glasfenster von Walter Loosli, ref. Kirche Schlosswil. Foto: Pia Neuenschwander
Die Dreifaltigkeit im Bild
Von Glasfenstern und Fresken
Erstmals auf die bildliche Darstellung der Dreifaltigkeit bewusst aufmerksam wurde ich durch Walter Looslis drei Glasfenster in der reformierten Kirche Schlosswil. Gottvater, der Schöpfer, als rote Blüte, der Sohn in einem bläulich verzweigten Dickicht aus abstrahierten Kreuzen, und der heilige Geist als aus einem gelben Feld aufsteigender Vogel – in den drei Grundfarben, aus deren Mischung ja das ganze Farbenspektrum besteht. In diesen Fenstern sind jedoch die verschiedenen Wirkungskräfte der Dreifaltigkeit abgebildet und nicht eine Vorstellung davon, wie sie «als solche» denn aussehen könnte.
Von Sandro Fischli / Fotos: Pia Neuenschwander
Es kann hier nicht um eine theologische Betrachtung der Dreifaltigkeit gehen, sondern darum, wie sie in Bildern zu erfassen versucht wurde. Die Theologie tut sich mit ihrer Auslegung bis heute schwer. Jörg Lauster schreibt in seinem neu erschienenen Buch im Kapitel über das Dogma der Dreifaltigkeit (S. 95 ff), dass die Liturgie diese proklamierte, ohne sie begriffen haben zu müssen, die Bemühungen der Theologie, sie zu erfassen, erfolgte erst später – eine bemerkenswerte Aussage.
Als Nichttheologe sehe ich in ihr ein Zusammenwirken von Schöpfer, Erlöser und gelebter gemeinsamer Praxis – ähnlich wie im Buddhismus Zuflucht gesucht wird zu einer Dreiheit von Buddha, Dharma und Sangha, dem Stifter der Lehre, der Lehre und dem Zusammenleben der Praktizierenden. Diese Analogie ermöglichte mir ein christliches Verständnis. Ich erinnerte mich an ein kleines Fresko aus dem 12. Jahrhundert in der Kirche im piemontesischen Armeno: Drei Köpfe, die aus einem Hals, aus einem Körper wachsen – eine berührend kindliche Verbildlichung.
Drei Köpfe oder drei Gesichter
Solche Darstellungen waren im Volksglauben besonders beliebt, dies mehr auf Andachtskarten weniger in den Kirchen selbst. Klassischer als die dreiköpfige Version ist die Darstellung eines Kopfes mit drei Gesichtern, die sich vier Augen teilen. Seit Papst Urban VIII. sind ab 1628 solche Bilder wenn nicht verboten, so nicht mehr gerne gesehen. Wikipedia vermutet, dass einerseits mit dem zunehmenden Realismus in der Kunst der Sinnbildcharakter verloren ging, es wurde fast zu einem realen Bild und stiess somit beim Klerus auf Ablehnung. Andererseits erinnerte es wohl zu sehr an heidnische Wurzeln, die Dreigestalt der kleinasiatischen Göttin Hekate an Wegkreuzungen. Diese drei Köpfe blicken uns ein bisschen wie liebenswürdige Ungeheuer aus einem Märchen an. Eine Zuordnung zu Vater, Sohn und Geist ist hier nicht eindeutig.
Verbildlichung im Haus der Religionen
Ein nächstes Mal stosse ich auf eine Darstellung der Dreifaltigkeit im Haus der Religionen in Bern und zwar im Raum der äthiopischorthodoxen Tewahedo-Kirche. Es ist ein Bild in, starken Farben und klaren Formen wie in der Volkskunst: Es werden hier einfach drei in total identischer Menschengestalt personifizierte Gottesaspekte gezeigt. In der modernen Kunstgeschichte gibt es dafür seit der Pop-Art den Begriff des «Seriells», des «Multiples» - Künstler*innen wollen damit auf den Aspekt der Reproduzierbarkeit von Werken hinweisen. Dieses Bild wirkt überraschend, erfrischend und trotz traditioneller Ikonographie (die koptische Kirche reicht bis ins früheste Christentum zurück) geradezu avantgardistisch. Eine Zuordnung innerhalb der Dreifaltigkeit ist hier erst recht nicht ersichtlich.
Oberengadiner Fresken
Und schliesslich verweile ich im Oberengadin in der Kapelle von Fex Crasta vor einem Freskenzyklus aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, das kurz darauf dem reformatorischen Bildersturm zum Opfer fiel, d.h. übermalt und erst im 20. Jahrhundert wieder freigelegt und restauriert wurde. Von den drei hier vorgestellten Darstellungen ist der zentrale Ausschnitt aus diesem Zyklus der Klassischste. Fast wie in einem Mandala oder einer tibetischen Thangka ist die Dreifaltigkeit hier in eine Ellipse, in einen Kreis gebettet: Gottvater umfasst dabei vor sich den Sohn am Kreuz. Dieses unterteilt den Kreis in seine Symmetrieachsen und über dem Haupt des Sohnes, auf dem Brustbein des Vaters, schwebt die Taube des Heiligen Geistes. Ein Meditationsbild – mit ganz klarem Bezug zu Vater, Sohn und Geist – geeignet für lange Betrachtung.
Hinweise:
In der Printausgabe des pfarrblatt haben wir die Leser*innen gebeten, uns Bilder zur Dreifaltigkeit zu senden. Wir haben zahlreiche Beispiele erhalten, Sie finden sie hier. Herzlichen Dank!
Wer ist Gott? Und wenn, ja wieviele? Text von Isabelle Senn auf www.glaubenssache-online.ch
Buchtipp: Lauster, Jörg. 2021. Der heilige Geist. Eine Biographie C.H. Beck, München