Ostkirchenexperte Stefan Kube mit Ikonen in der christkatholischen Kirche. Foto: Vera Rüttimann
Die Kunst besiegt den Tod
Ausstellung «Ikonen auf Munitionskisten» in der christkatholischen Kirche St. Peter und Paul in Bern
In der christkatholischen Kirche St. Peter und Paul in Bern ist die Ausstellung «Ikonen auf Munitionskisten» zu sehen. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine schaffen Sonia Atlantova und Oleksandr Klymenko aussergewöhnliche Kunstwerke. Eine Tour durch die Ausstellung mit dem Ostkirchenexperte Stefan Kube. Eine Ostergeschichte.
Text und Fotos: Vera Rüttimann
Das Holz ist an manchen Stellen schmutzig, beschriftet oder durchlöchert. Es stammt von Munitionskisten. Unbehandeltes Holz. Etwa 50 mal 50 Zentimeter gross. Darauf sind mit feinen Pinselstrichen Ikonen gemalt. Stefan Kube, Leiter des Instituts G2W («Ökumenische Forum für Glauben, Religion und Gesellschaft in Ost und West»), steht vor diesen Bildern, die auf Holzstaffeleien in der christkatholische Kirche St. Peter und Paul ausgestellt sind. Stefan Kube hat mit seinem Institut die Ausstellung von Klymenko und Atlantova in die Schweiz geholt.
Stefan Kube steuert zwei grossen Bilder an, die rechts und links stehen. Das eine zeigt St. Georg beim Kampf mit dem Drachen. Das andere den Erzengel Michael mit dem Schwert in der Hand. Sie wirken wie mittelalterliche Ritter. «Hier wird nicht ein heiliger Krieger dargestellt, sondern die Hoffnung, dass das Böse seiner gerechten Strafe zugeführt wird.»
Zerstochen, verschmutzt, unfertig
Hoffnung ist ein Grundton dieser Ausstellung. Minutenlang bleibt Stefan Kube vor einer auf einem Tisch liegenden Ikone stehen. Sie zeigt Jesus. Auch bei diesem Holz ragt aus dem Brett eine Schraube heraus. Man sieht Verschmutzungen, die auf den ursprünglichen Zweck für dieses Holz hinweisen. Und doch geht auch von diesem Bild ein Leuchten aus.
Was beim Betrachten der Ikonen auffällt: Der charakteristische goldene Heiligenschein fehlt. Er ist nur durch eine rote Linie angedeutet. «Dieses Gold, das triumphale Licht, das hinaus scheint in die Welt, fehlt», beschreibt Kube seine Gedanken. Wir sehen eine Leerstelle. Der Ostkirchenexperte deutet die Intention der Künstler so: «Das göttliche Licht scheint gebrochen in unsere leidvolle Welt, speziell in der Ukraine.»
Maria, Hüterin des Getreides
Stefan Kube steht vor einem Marien-Bild in blau-gelben Tönen. Die Mutter Gottes ist als Ernteretterin dargestellt. Ihre Arme sind weit ausgebreitet. Als wenn sie die Felder vor Feuer schützen wollte. Auch dieses Bild hat eine aktuelle Komponente: «Wenn das Getreide aus der Ukraine nicht ausgeliefert werden kann, verschärft das den Hunger im globalen Süden.»
Ikonen und Kriegsmaterial, das passt für viele nicht zusammen. Stefan Kube weiss von vielen Vernissage-Besuchern, die damit erst nichts anfangen konnten. Diese Ausstellung liess sie jedoch umdenken. Stefan Kube stellt an sich selbst fest: «Wir gewöhnen uns schnell an die Kriegsbilder. Mit diesen Ikonen vermitteln uns die Künstler einen anderen, neuen Zugang zu dem schrecklichen Geschehen in der Ukraine.
Die Hälfte der Bilder schon verkauft
Olexander Klymenko kam schon 2014 auf die Idee, als der Krieg im Donbass schon begonnen hatte, Ikonen auf Munitionskisten zu malen. Seitdem sammeln die Künstler mit ihren Werken Geld, mit dem sie ein mobiles Spital und ein Zentrum zur Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung unterstützen. Die Hälfte der Bilder ist schon verkauft. Jede Ikone auf Munitionskiste ist ein Unikat.
Werk der Hoffnung und des Lichtes
Stefan Kube zeigt sich von den beiden ukrainischen Künstlern beeindruckt. Von ihrem Willen, dem Krieg nicht die Oberhand zu lassen. «Etwas Todbringendes wird hier in etwas Neues transformiert. Ohne die Wunden zu verbergen», sagt Stefan Kube. Für Oleksandr Klymenko, weiss er, kommen die Munitionskisten wie Särge aus der Erde und verbreiten Zerstörung und Leid. Doch durch das Ikonenschreiben werden sie am Ende in ein österliches Hoffnungszeichen verwandelt. Das Leben, die Kunst, siegt über den Tod.
Die Ausstellung in der christkatholischen Kirche St. Peter und Paul in Bern ist bis zum 30. April zu sehen.