In dunklen Zeiten hoffen wir auf Licht. Doch woher nehmen wir die Gewissheit, dass auf den Karfreitag Ostern folgt? Foto: Gregor Gander
Die Leere vor dem Alleluja
Zwischen Tod und Auferstehung
Vom Kreuz des Karfreitags möchte man gern direkt ins Licht von Ostern springen. Doch dazwischen liegt der Karsamstag – ein wichtiger Tag.
Von Lukas Fries-Schmid*
Irgendwann ist ausgeweint und ausgetröstet. Irgendwann kommt der Augenblick, wo ich mit meiner Not auf mich allein gestellt bin. Zum Beispiel wenn ein Mensch, der seinen Partner oder seine Partnerin verloren hat, zum ersten Mal allein ins leere Bett steigt. Diesen Augenblick kann einem niemand ersparen. Oder wenn die Jüngerinnen und Jünger allein in ihre Häuser zurückkehren, nachdem Jesus ins Grab gelegt ist. Ende der Hoffnung.
Übergehen und überdecken
In Tat und Wahrheit wissen wir, dass die Geschichte weitergeht und auf die Kreuzigung die Auferstehung folgt. Manchmal frage ich mich allerdings, woher wir diese Gewissheit nehmen. Oft genug fühlen wir uns doch von Gott verlassen. Dieses Gefühl halten wir schlecht aus. Darum springen wir liebend gern vom Kreuz direkt zum österlichen Licht. Aber zwischen Karfreitag und Ostern liegt auch noch ein Tag. Den Karsamstag übergehen wir meist oder überdecken ihn mit Geschäftigkeit. Ich meine, dass wir kein Alleluja von innen heraus singen können, solange wir die Leere des Karsamstags nicht ausgehalten haben.
Leerstelle im Evangelium
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es in der Bibel keine Berichte über die Auferstehung gibt? Niemand sieht oder hört, wie Jesus aufersteht. Zuvor wird die Passion ausführlich geschildert, danach erst wieder das leere Grab und die Begegnungen mit dem bereits Auferstandenen. Dazwischen ist eine Leerstelle im Erzählstrang der Evangelien. Diese Leere ist der Tag, an dem alle in ihrer Not auf sich allein gestellt sind. Gerade in diesem – vermeintlichen – Alleinsein geschieht im Verborgenen Auferstehung.
Liebe ist am Werk
Der Karsamstag lehrt uns, dass wir auch im Gefühl der grössten Gottverlassenheit nicht gottverlassen sind. Die Liebe ist am Werk, ohne dass wir sehen können, wie. Umso grösser wird unsere Freude sein, wenn wir ihre Früchte erkennen. Wenn wir es wagen, unsere grösste Not nicht zu überspringen, sondern sie auszuhalten, wird unser Alleluja einen ganz neuen Klang haben. Weil wir erkannt haben werden, dass wir die Not nicht zu fürchten brauchen.
*Lukas Fries-Schmid ist Theologe und Pastoralpsychologe. Er lebt mit seiner Familie im Sonnenhügel in Schüpfheim LU und begleitet dort Menschen in Auszeiten und Krisen.
Bild: Sandra Schmid-Fries