Die Ökumene ist seine Welt

11.11.2015

Vor 51 Jahren wurde am Zweiten Vatikanischen Konzil das Ökumenepapier Unitatis Redintegratio verabschiedet. Seit 16 Jahren arbeitet der deutsche Theologe Matthias Türk als Mitarbeiter des Schweizer Kardinals Kurt Koch im Vatikan daran mit, die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und den weiteren christlichen Konfessionsgemeinschaften zu stärken. Mit grossem Erfolg.


Man darf ihn durchaus als Handelsreisenden in Sachen Ökumene bezeichnen. Matthias Türk, 53 Jahre alt, kommt viel herum. Seit 1999 ist er beim Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen – wie das Ökumene-Departement im Vatikan vollständig heisst – tätig. Der sympathische Theologe hat nach seiner Priesterweihe als Sekretär des Würzburger Bischofs Paul-Werner Scheele gearbeitet. Und dieser war – Vorsitzender der Ökumenekommission der deutschen Bischofskonferenz.

Mehr Übereinstimmungen als Differenzen…

Seit 1999 ist Türk im Päpstlichen Rat zuständig für den internationalen Dialog mit dem lutherischen Weltbund und den altkatholischen Kirchen, die in der Schweiz als Christkatholiken bekannt sind. «Wir haben in zahlreichen Dokumenten eine wachsende Übereinstimmung des gegenseitigen Verständnisses», fasst er die aktuelle Situation in der Ökumene zusammen. Das ist einerseits eine sehr diplomatische Antwort, andererseits – und diese Umschreibung würde der Mitarbeiter des früheren Bischofs von Basel vorziehen – der Ausdruck eines jahrelangen Austauschs zwischen den Konfessionen. «In der Ökumene geht es nicht nur um Differenzen, sondern darum, Übereinstimmungen zu sammeln und auf dieser Basis das Gespräch zwischen den Konfessionen zu pflegen », so Matthias Türk. Denn: «Was uns verbindet, ist mehr als das, was uns trennt.»

…aber keine Kirchengemeinschaft

Bereits 1960 hatte der damalige Papst Johannes XXIII. klargemacht, dass er beim Zweiten Vatikanischen Konzil Vertreter der anderen christlichen Konfessionen dabeihaben wollte. Diese sollten aber nicht allein als Gäste teilnehmen, sondern inhaltlich mitreden. So gut das Einvernehmen unter den Christen verschiedener Bekenntnisse heute auch ist, eine volle, sichtbare Kirchengemeinschaft gibt es noch nicht. Die Unterschiede zwischen den Konfessionen sind dabei nach wie vor bei den Punkten auszumachen, welche einst zu den Spaltungen geführt hatten. Das sind, ganz kurz gesagt, im Gespräch mit den orthodoxen Kirchen die Stellung des Papstes oder das Verständnis von Kirche, Eucharistie (Abendmahl) und kirchlichem Amt im Dialog mit den evangelischen Kirchen.

«Trennung verdunkelt Glauben»

Eine für alle Seiten verbindliche Kirchengemeinschaft sei aber «nicht zu kaufen», macht Matthias Türk klar. Für ihn müsse – das wird aus seinem engagierten Reden schnell deutlich –, für alle Christen die Trennung der Konfessionen jedoch ein Stein des Anstosses bleiben. Nicht etwa, damit die ökumenischen Gremien sich künftig ausruhen können. Nein, weil «das christliche Zeugnis, der Glaube an Christus, durch die Trennung der Konfessionen verdunkelt wird», sagt der Vatikanmitarbeiter. Sein Engagement im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen war und ist für Matthias Türk denn auch nie Selbstzweck. Als Christ, und für ihn als katholischer Christ, ist das Ringen um Kirchengemeinschaft eine Glaubens-, ja eine Herzensangelegenheit. Seine Haltung in der täglichen Arbeit für die Ökumene lässt sich denn auch einfach zusammenfassen: «Katholisch sein heisst ökumenisch sein.»

Martin Spilker/kath.ch

Weltweite Ökumene wohin?
Freitag, 13. November, 18.15: Aula der Universität Basel, Kollegienhaus: öffentlicher Vortrag von Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, zum Thema «Wohin geht die weltweite Ökumene? Entwicklungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil».
Donnerstag, 3./ Freitag, 4. Dezember, 7. Freiburger Forum Weltkirche «50 Jahre Dignitatis Humanae», Erklärung über die Religionsfreiheit, Universität Freiburg; mit einem Vortrag von Kardinal Kurt Koch. Die Teilnahme ist kostenlos; eine Anmeldung erwünscht.
Weitere Informationen: www.unifr.ch/pastoral-comp
Das Dekret Unitatis Redintegratio über den Ökumenismus des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde am 21. November 1964 verabschiedet. Es lässt sich im Internet mit dem Stichwort «Unitatis Redintegratio» auf der Seite des Vatikans abrufen.

Martin Spilker