«Die Menschen sind verantwortlich für die Schöpfung und gleichzeitig auf sie angewiesen.» Foto: iStock/Ocskaymark
Die Schöpfung im Blick
Hinsehen und Handeln – Einladung zur ökumenischen Feier am Schöpfungstag.
Wir sehen hin. Wir handeln. Für unsere Nächsten und Gottes Schöpfung – Einladung zur ökumenischen Feier am Schöpfungstag.
von Miriam Helfenstein, Fachstelle Kirche im Dialog
«We need to wake up!» Immer wieder war diese Botschaft auf selbstgebastelten Plakaten zu lesen, wurde durch die Strassen von Schweizer Städten gerufen und schmückt seit Pfingsten auch den Kirchenturm der Pfarrei St. Marien in Bern. Die Parole ist Ausdruck einer intensiven gesellschaftlichen Debatte der letzten Jahre, welche die Umwelt wieder stärker in den Fokus rückte. Bilder von abgeholzten Regenwäldern, Grafiken mit steigenden CO2-Kurven und Parolen rufende Jugendliche halten immer wieder deren Dringlichkeit vor Augen. Denn die Folgen von Umweltzerstörung und Klimawandel sind bereits zu spüren – vor allem in Ländern des globalen Südens. Es braucht Veränderungen. Und so ist der Ruf der Klimabewegung «System change, not climate change» auch als Forderung nach einer Neuausrichtung des Verhältnisses von Menschen und Natur zu verstehen.
In der Bibel lassen sich dazu unterschiedliche Geschichten finden: In Genesis 2,15 werden die Menschen als Teil der Schöpfung verstanden. Sie sollen sie bebauen und bewahren, sich um sie kümmern. Die Menschen sind verantwortlich für die Schöpfung und gleichzeitig auf sie angewiesen. Als Erdlinge aus demselben Stoff geschaffen, sind sie mit dem Schicksal der Erde verwoben. Anders klingt es in Genesis 1,18. Dort gibt Gott den Menschen die Anweisung, über die Erde zu herrschen. «Fülle die Erde und herrsche ». Dieser Satz ist keine Erlaubnis, zu tun und zu lassen, wie man will, sondern auch als Auftrag zu verstehen.
Dass dieser Auftrag seit Jahrzehnten missbraucht wird, zeigt sich in verschmutzten Flüssen oder neuen Höchsttemperaturen. Wir haben jedoch die Grenzen dieser Herrschaft in letzter Zeit auf neue und deutliche Weise erfahren: ein Virus, das die Welt auf den Kopf stellt. Unser Verhältnis zur Umwelt, zur Natur, zur Schöpfung – es muss wieder neu gedacht werden. Wir müssen darüber nachdenken, welche Geschichte wir erzählen möchten – die Geschichte einer zerstörerischen Herrschaft oder die der Sorge und Verantwortlichkeit. Welche Zukunft wünschen wir uns für die Erde und die Menschen?
Die Bewahrung der Schöpfung ist seit jeher ein gemeinsames Anliegen der Kirche. Dies zeigt sich nicht nur in der Bibel. In seiner Umweltenzyklika «Laudato si» fordert Papst Franziskus Veränderung, eine Umkehr zu mehr Verantwortung und Orientierung am Gemeinwohl. Pfarreien und Kirchgemeinden setzen sich für einen kleineren ökologischen Fussabdruck ein und solidarisieren sich mit der Klimabewegung. Und auch der Schöpfungstag am 1. September wird jedes Jahr zum Anlass genommen, die Schöpfung zu feiern und gleichzeitig über das Verhältnis zur Natur nachzudenken und sich der Verantwortung für alles Geschaffene neu bewusst zu werden.
Letztes Jahr wurde der Schöpfungstag zum Thema Geschmacksinn im Münster gefeiert. Dieses Jahr laden die Arbeitsgemeinschaft der Kirchen im Kanton Bern (AKB) und oeku Kirche und Umwelt ein zu einer ökumenischen Feier in der Dreifaltigkeitskirche. Ein Schwerpunkt der Feier wird die Konzernverantwortungsinitiative sein. Wir schauen genau hin und handeln, wenn Schweizer Konzerne im Ausland Umweltstandards oder Menschenrechte missachten. Es freut die ökumenische Vorbereitungsgruppe aus den drei Landeskirchen, dass der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried als Gastredner anwesend sein wird. Die anglikanische Pfarrerin Helen Marshall hat für einen theologischen Impuls zugesagt. Musikalisch wird die rund einstündige Feier von Martina Chili Romer (Saxofon) und Dominik Nanzer ( Piano) mitgestaltet. Im Anschluss sind alle zu einem Apéro von der «Ässbar» eingeladen, die sich gegen Food-Waste einsetzt.
Schöpfungstag
Dienstag, 1. September, 18.00: Dreifaltigkeitskirche, Taubenstr. 4, 3011 Bern
Donnerstag, 3. September, 08.30: Kirche St. Martin, Martinsstr. 7, 3600 Thun
Die Schöpfung feiern, mit der Frauenliturgiegruppe Thun