Gallus Weidele und Udo Schaufelberger freuen sich auf Begegnungen im Franziskushaus. © Sylvia Stam
Eine Aussenstation soll zur Heimat werden
Ein Ort der Begegnung für rund 2000 Katholik*innen im neu eingeweihten Franziskushaus in Jegenstorf.
Ein Ort der Begegnung für rund 2000 Katholik*innen: Das Franziskushaus in Jegenstorf wurde am 15. August eingeweiht.
Sylvia Stam
Noch sind die Räume leer. Helle, warme Räume mit gelben Vorhängen und einer Fensterfront. Die Leere ist durchaus Programm: Auch bei der Frage, was dereinst im neuen Franziskushaus in Jegenstorf stattfinden soll, ist noch viel Raum. «Das ist gut so», sagt Udo Schaufelberger, Seelsorger der Pfarrei St. Franziskus in Zollikofen. In einer Zeit, wo vieles verplant sei, brauche es Leerräume, die noch gefüllt werden könnten.
Fest steht: Der Religionsunterricht wird hier stattfinden, Sitzungen, Vorbereitungen für Feste wie St. Nikolaus, St. Martinstag, das Palmbinden vor Palmsonntag. Die Männergruppe diskutiert hier, für Seelsorgegespräche gibt es einen Raum mit separatem Zugang.
Entstehen lassen und mitgestalten
Alles weitere wird sich ergeben, ist Schaufelberger überzeugt. Gallus Weidele, Präsident der Katholikenvereinigung Jegenstorf, die im Vorfeld eine Bedürfnisabklärung durchgeführt hat, pflichtet ihm bei. Von einem Schreibdienst gemeinsam mit der Gemeinde und der reformierten Kirche ist die Rede, von Sprachförderung für Flüchtlinge, vom gemeinsamen Essen mit Menschen verschiedener Generationen oder mit den Mieter*innen der neun Wohnungen, die in den oberen Etagen liegen, und von externen Veranstaltungen. «Entstehen lassen, mitgestalten, Pioniergeist» – Schaufelbergers Augen leuchten, wenn er von diesen Plänen erzählt.
Begegnungsort in der Nähe
Die Frage, wozu es in Zeiten von Kirchenumnutzungen ein eigenes Haus für die rund 2000 Katholik*innen von Jegenstorf und Urtenen-Schönbühl braucht, drängt sich dennoch auf. «Die Pfarrei Zollikofen ist 10 Kilometer entfernt für einen Drittel ihrer Mitglieder», erläutert Schaufelberger. «Pfarrei hat etwas mit Heimat zu tun.» Vielen Menschen, nicht zuletzt älteren oder Familien mit Kindern, seien Begegnungsorte in der Nähe wichtig. Schaufelberger hofft, dass das Franziskushaus auch für die Pfarreimitglieder aus Urtenen-Schönbühl zur Heimat werden kann, etwa durch den Religionsunterricht oder Treffen von Gruppen wie den Ministrant*innen, die bereits an beiden Orten tätig sind. Er selbst wird sein Büro aus dem Pfarrhaus in Zollikofen hierher verlegen.
Voltaik-Anlage und Salzbatterie
Bisher stand auf dem Gelände ein sanierungsbedürftiger Pavillon aus dem Jahr 1975. Eine Arbeitsgruppe aus Christa Niggli, im Kleinen Kirchenrat für das Ressort Bau zuständig, dem damaligen Kirchenverwalter Rolf Frei und dem Bauverantwortlichen Martin Grütter schlug einen Neubau vor, der das Gelände besser nutzen sollte. Dank der Voltaik-Anlage auf dem Dach, deren Strom mittels einer Salzbatterie im Keller gespeichert wird, erfülle der Bau auch das Legislaturziel der Gesamtkirchgemeinde Bern, den CO2-Ausstoss zu reduzieren, erklärt Weidele. Die Wohnungen würden zu Marktpreisen vermietet. Der Mietertrag trägt laut Weidele zu einem kleinen Teil zur Finanzierung des Hauses bei.
Franziskus statt Clara
Weil das Haus zur Pfarrei St. Franziskus gehört, lag dieser Name auf der Hand. In Diskussion war auch Franziskus' Gefährtin Clara. «Bei uns ist Ökumene sehr wichtig. Und Franziskus hat auch für Reformierte eine Bedeutung», begründet Schaufelberger die Namenswahl.
«Ökumeneweg» heisst denn auch neu der Fussweg, der von der reformierten Kirche Jegenstorf, in der auch die Katholik*innen ihre Gottesdienste feiern, zum Franziskushaus führt.
Bilder vom Franziskushaus in Jegenstorf finden Sie hier.
Das Franziskushaus in Jegenstorf verfügt über einen 74 Quadratmeter grossen Saal und eine Küche für Veranstaltungen mit rund 50 Personen. In einem Nebenraum befindet sich ein Büro und Gesprächszimmer.
In den oberen zwei Etagen sind neun Wohnungen mit 2,5 bis 5-Zimmern. Die Baukosten betrugen rund sechs Millionen Franken, die vollständig aus dem Finanzvermögen der Gesamtkirchgemeinde Bern (GKG) stammen. Die Wohnungen werden zu marktüblichen Preisen vermietet. Es handle sich um eine nachhaltige Investition der GKG zur Sicherung ihrer Einnahmen, begründet die GKG auf Nachfrage. Parallel dazu habe die GKG anfangs 2020 ein Mehrfamilienhaus an der Burgunderstrasse auf dem Gebiet der Kirchgemeinde St. Antonius Bümpliz erstellt, das teilweise Sozialwohnungen enthalte.