Bombenanschlag während des Ostergottesdienstes. Kirche St. Antnony’s Shrine in Kochchikade, Colombo, Sri Lanka. Foto: Roshan Pradeep & T Sunil, www.archdioceseofcolombo.com

Entsetzen über Anschläge auf Kirchen in Sri Lanka

23.04.2019

Kardinal Malcolm Ranjith, Erzbischof vom Colombo, hat bereits die ersten Opfer beigesetzt. Er spendete Trost und rief zum Frieden auf.

Papst Franziskus und Politiker aller Parteien in Sri Lanka und auf der ganzen Welt haben die Bombenanschläge auf Kirchen und Luxushotels in Colombo und anderen Städten des Landes verurteilt. Die Zahl der Toten ist inzwischen nach offiziellen Angaben auf mindestens 310 und die der Verletzten auf 500 gestiegen.

Papst Franziskus ist bestürzt über die Explosionsserie in Hotels und Kirchen auf Sri Lanka. Er habe «mit Trauer die Nachricht der schweren Attentate, die ausgerechnet heute, zu Ostern, Todesfälle und Schmerzen in einige Kirchen und andere Versammlungsorte in Sri La gebracht haben», reagiert, sagte das Kirchenoberhaupt am Ostersonntag nach der Verkündigung seiner Osterbotschaft auf dem Petersplatz.

Er sei der dortigen christlichen Gemeinde nahe und «allen Opfern solch grausamer Gewalt». Franziskus sagte, er vertraue die Toten und Verletzten «dieses dramatischen Ereignisses» Gott im Gebet an.

Während der Ostergottesdienste brachten Bombenanschläge auf drei Kirchen Tod und Verwüstungen. Zeitgleich gingen in drei Luxushotels in Colombo Bomben hoch. Zwei der Kirchen gehören zur katholischen Erzdiözese Colombo, die Kirche St. Antnony’s Shrine in Kochchikade im Norden Colombos und die St. Sebastian’s Kirche in Katuwapitiya, Negombo. Auf der Webseite der Erzdiözese Colombo heisst es, dass die Antonius-Kirche für tausende Christen Zuflucht sei in ihrer Anbetung für den Heiligen Antonius von Padua. Die Kirche St. Sebastian stehe in einem Stadtteil der Stadt Negombo, der auch «Klein-Rom» genannt werde, weil hier sehr viele Katholik*innen leben und es viele weitere Kirchen gebe.

Der Erzbischof von Colombo, Kardinal Malcolm Ranjith, sagte nach den Attacken sofort sämtliche Osterfeierlichkeiten ab. Aus Sicherheitsgründen wurden alle Kirchen geschlossen. Bereits begonnen haben die Beerdigungen der Opfer. Die Erzdiözese schreibt, dass die Gottesdienste und Bestattungen in einer Atmosphäre des Leids und grosser Trauer stattgefunden hätten.

Laut Mitteilung auf der Webseite der Erzdiözese tröstete Erzbischof Malcom die Trauernden, er lud die Anwesenden inständig ein, sich nicht gewalttätigen Vergeltungsmassnahmen hinzugeben.

Auch in der protestantischen Zion-Kirche in Batticaolo, an der Ostküste Sri Lankas, explodierte während des Ostergottesdienstes eine Bombe und riss zahlreiche Gläubige in den Tod.

Die Terrormiliz IS behauptet laut Medienangaben hinter dem Attentat in Sri Lanka zu stehen. Beweise lieferte die Organisation nicht. Die Anschlagsserie soll laut ersten Untersuchungsergebnissen ein Vergeltungsschlag für den Terroranschlag auf Muslime in Neuseeland im vergangenen März gewesen sein.

Rolle der katholischen Kirche 

Etwa sechs Prozent der rund 20 Millionen Srilanker gehören der katholischen Kirche an, die Mehrheit ist buddhistisch. Diese rund 1,2 Millionen Katholiken leben im Hauptstadterzbistum Colombo und den elf weiteren Bistümern des Inselstaates. Davon gehören je etwa die Hälfte zur singhalesischen Bevölkerungsmehrheit und zur tamilischen Minderheit.

Die katholische Kirche gehört damit zu den wenigen Institutionen, die in beiden Bevölkerungsgruppen verankert ist. Es ist eine verbindende Institution, die zur Versöhnung nach dem blutigen Bürgerkrieg (1982-2009) beitragen konnte und kann.

Verbindende Wallfahrt

Ein weithin sichtbares Zeichen dafür ist die jeden August stattfindende Wallfahrt nach Madhu zu einer 400 Jahre alten Marienstatue. Mehrere Hunderttausend Menschen nehmen daran teil, nicht nur Katholiken und andere Christen, sondern auch Buddhisten und Hindus. Papst Franziskus sprach bei seinem Besuch in Madhu im Januar 2015 den «Apostel von Ceylon», Joseph Vaz (1651-1711), heilig.

Erste christliche Missionare waren bereits im 5. Jahrhundert aus Persien auf die Insel gekommen. Doch erst mit der Ankunft der Portugiesen im 16. Jahrhundert begann eine systematische Mission, die von den Orden der Franziskaner, Jesuiten, Dominikaner und Augustiner getragen wurde. Unter der niederländischen Kolonialherrschaft ab Mitte des 17. Jahrhunderts kehrten sich die Vorzeichen um: Die katholische Religion wurde verboten, protestantische Prediger gefördert. Der indische Oratorianer-Missionar Vaz spielte in dieser Zeit eine wichtige Rolle für das Überleben der katholischen Kirche.

Religionsfreiheit

Die Briten stellten ab 1796 die Religionsfreiheit wieder her und ermöglichten Ordensleuten aus mehreren europäischen Ländern den Zugang zum damaligen Ceylon. Die erste katholische Diözese wurde 1834 gegründet. Mit ihren Schulen, Krankenhäusern und Sozialeinrichtungen, die nicht nur Katholiken offen stehen, hat sich die Kirche Ansehen in der Mehrheitsgesellschaft erworben - freilich auch Anfeindungen extremistischer Buddhisten, die den Anspruch erheben, dass Sri Lanka ein buddhistisches Land sei. Die Christen leiden bis heute unter dem Image, eine von Kolonialherren importierte Religion zu vertreten.

Andreas Krummenacher/kna/com