Traugott Rüttimann Foto: «pfarrblatt»-Archiv
Es gibt mehr Möglichkeiten, als wir denken
Am 26. Mai ist Traugott Rüttimann, ehemaliger Synodalratspräsident und Mitbegründer der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Bern, gestorben. Ein Nachruf
Zum Tod von Traugott Rüttimann 12.2.1933 – 26.5.2018
«Kirche ist ein Teil unserer Wohlstandsgesellschaft. Die Fehlentwicklungen dieser Gesellschaft treffen auch sie. Ein übertriebener Individualismus, die Entsolidarisierung machen mir Sorgen, Sie sind auch unter Klerikern verbreitet. Das war für mich immer auch ein Antriebsmotor, dort etwas an schlechten Zuständen zu verändern, wo ich kann.»
Dieses Zitat aus dem «pfarrblatt»-Gespräch zum 20 Jahre Jubiläum der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Bern 2002 mit Traugott Rüttimann, dem damaligen Präsident der Exekutive, zeigt es. Er scheute sich nicht, zu verschiedenen Fragen klar Stellung zu beziehen. 17 Jahre lang trug er mit innerem Engagement und grossem Verantwortungsgefühl die Präsidialarbeit der staatskirchenrechtlichen Exekutivbehörde. Seit der Gründung der Landeskirche 1982 arbeitete er in verschiedenen Funktionen insgesamt 40 Jahre lang für die katholische Kirche des Kantons Bern. In seiner Amtszeit waren aus allen Berner Regionen Seelsorgende als Synodalräte im Gremium gewählte Vertreter*innen, allerdings ohne Stimmrecht. Die Diskussionen liefen oft heiss und kontrovers. Immer wieder waren auch innerkirchliche Reformen Thema. Ideell und finanziell unterstützte die Landeskirche unter der Leitung von Traugott Rüttimann die Reformbewegung «Tagsatzung im Bistum Basel», die unter anderem von Pastoraltheologe Leo Karrer initiiert wurde. Anfänglich zögerte Traugott Rüttimann im Rat, weil er sich bewusst war, dass die Synode in kirchenrechtlichen Dingen nichts zu bestimmen hatte. Die innerkirchliche Reformblockade spürte er aber wohl. Die damalige Tragödie um den konservativen Bischof Krenn in Österreich bewegte ihn:
«Aber es gibt auch die andere Seite, das Verharren in alten Machtstrukturen, das Pflichtzölibat nicht abzuschaffen, Frauen und Verheiratete nicht zum Priesteramt zuzulassen. Die Begründungen eines Bischofs Krenn in Österreich zum Beispiel finde ich haarsträubend. Damit schafft man kein Vertrauen in die Zukunft der Kirche.»
Trotz einiger Differenzen mit dem Bischof von Basel, dem heutigen Kardinal Kurt Koch, half Traugott Rüttimann in der Finanzkommission der Diözese den Ausbau des Pastoralamtes zu finanzieren, dass er als «unbestrittene Stellen» bezeichnete. Sein Verhältnis zum Bischof blieb konstruktiv. Ihm war auch immer eine Nähe zur Basis wichtig:
«Ich wünsche mir mehr Volksnähe der Hierarchie und eine absolute Ehrlichkeit in ihrer Arbeit.»
Er war ein Präsident, der auch in seiner Leibesfülle nicht zu übersehen war. Seriöse Arbeit, legendäre, etwas langatmige Ansprachen und seine Menschenfreundlichkeit mischte er immer auch mit gelassenem Humor. Auf die Frage, ob ihn Sport interessiere, antwortete er trocken und mit einem Lächeln auf den Lippen: «Auch wenn es mir heute nicht anzusehen ist, ich spielte einige Zeit bei den SCB-Junioren Eishockey und war ein guter Mittelstreckenläufer.»
Die Landeskirche Bern wäre ohne Traugott Rüttimanns unermüdliche Arbeit nicht das, was sie heute ist. Seine Motivation dafür umschrieb er so:
«Man darf den Mut nicht verlieren. Es gibt mehr Möglichkeiten, aus schwierigen Situationen zu finden, als wir oft denken. Es ist besser, konkret zu wissen was man will und das auch, wenn nötig trotz Widerständen umzusetzen, als die Hände in den Schoss legen».
Das ist auch ein gutes Motto für die Verhandlungen um die Stolpersteine im Entwurf der neuen Kirchenverfassung, die am 8. Juni in der Synode debattiert wird. Traugott Rüttimann jedenfalls wäre mit Leib und Seele auf der Zuschauertribüne des Rathauses dabei gewesen. Ich vermute, dass er nun in himmlischen Gefilden mit Interesse den Debatten folgen wird.
Jürg Meienberg
Die Trauerfeier findet am Freitag, 1. Juni, 14.00 in der reformierten Kirche Koppigen statt. Anstelle von Blumen gedenke man der Caritas Schweiz: PC 50-7000-4