Buntglasfenster in der Basilica De La Sagrada Família in Barcelona. Foto: Andrey Potochevsky, Caritas Schweiz
«Es ist schön zu sehen…»
Kirchenfenster und künstliche Intelligenz
Das Online-Werkzeug Chat-GPT basiert auf künstlicher Intelligenz (KI) und ist aktuell sehr im Gespräch. Man kann mit dieser KI Dialoge führen, und sie antwortet druckreif. Kann sie mit der «mystagogischen Wirkung», wie Bischof Felix Gmür in seiner Kolumne schreibt, etwas anfangen? Urteilen Sie selbst.
von Andreas Krummenacher
«pfarrblatt»: Gefallen dir farbige Kirchenfenster?
ChatGPT: Die Wertschätzung von Kunst und ästhetischen Elementen wie Glasfenstern hängt oft vom individuellen Geschmack und den persönlichen Vorlieben ab. Einige Menschen finden farbige Glasfenster in Kirchen äusserst schön und beeindruckend, da sie eine spirituelle Atmosphäre schaffen und das Licht auf besondere Weise einfangen. Andere mögen vielleicht schlichtere oder minimalistischere Gestaltungen bevorzugen.
Bischof Felix geht in seiner Kolumne viel weiter. Er schreibt von einer mystagogischen Wirkung, die farbige Kirchenfenster auf ihn haben.
Mystagogie bezieht sich auf die Einweihung oder das Einführen von Menschen in die Mysterien oder tiefere spirituelle Erfahrungen. Wenn Bischof Felix das Gefühl hat, dass farbige Kirchenfenster eine solche Wirkung auf ihn haben, deutet dies darauf hin, dass er in ihnen eine Verbindung zu einer tieferen spirituellen Realität oder eine Quelle der Inspiration findet.
Farbige Glasfenster in Kirchen wurden traditionell als Mittel zur visuellen Darstellung von religiösen Geschichten, biblischen Ereignissen oder spirituellen Symbolen verwendet. Durch die Verwendung verschiedener Farben, Texturen und Lichteffekte können sie eine atmosphärische und transzendente Stimmung erzeugen, die den Betrachter in eine meditative oder kontemplative Haltung versetzen kann.
Diese Wirkung kann von Person zu Person unterschiedlich sein und hängt von den persönlichen Erfahrungen und dem Glauben jedes Einzelnen ab. Es ist schön zu sehen, wie Kunst und Architektur in Verbindung mit dem Glauben Menschen auf unterschiedliche Weise berühren können.
Welche farbigen Kirchenfenster in der Schweiz lohnen einen Besuch?
Ein bemerkenswertes Beispiel ist etwa das Zürcher Grossmünster. Es ist ein Wahrzeichen von Zürich und beherbergt beeindruckende moderne Kirchenfenster des Künstlers Augusto Giacometti. Auch das Fraumünster in Zürich ist bekannt für seine Fenster. Marc Chagall hat dort in den 1970er-Jahren fünf grossformatige Fenster gestaltet, die eine faszinierende Kombination aus biblischen Geschichten und abstrakten Motiven darstellen.
Die Kathedrale von Lausanne ist für ihre gotischen Glasfenster bekannt. Besonders beeindruckend ist das Rosettenfenster im Westwerk, das eine Vielzahl biblischer Szenen darstellt. Die barocke St. Ursen-Kathedrale in Solothurn beherbergt eine eindrucksvolle Sammlung von Glasfenstern aus dem 18. Jahrhundert. Die Fenster zeigen biblische Szenen und Heilige in leuchtenden Farben.
Farbe und Licht!
Springt bloss nicht aus der Bahn! Kaum losgelassen, nehmen die bunten Glaskügelchen auf der «Kügelibahn» Fahrt auf. Stufen und Schwellen gilt es zu überwinden, bis sie wieder ruhig in der Hand liegen und in ihrer leuchtenden Pracht bewundert – oder gleich nochmals auf den Weg geschickt werden.
Lange ist es her, seit ich das letzte Mal Murmeln in der Hand hatte … Glas fasziniert mich indes noch immer, wenn ich Kirchenfenster anschaue. Aufgrund ihrer Farbleuchtkraft und ihrer mystischen Wirkung fand die Glasmalerei früh Eingang in die christliche Sakralkunst.
In Ravenna sind bemalte Scheiben aus dem 6. Jh. erhalten. In der Gotik wurde die Glasmalerei zu einem wesentlichen Teil des architektonischen wie theologischen Konzepts. Kirchenfenster haben eine «mystagogische», d.h. eine zu Gott hinführende Wirkung. Das Licht dringt unfassbar durch festes Glas, erfüllt und erleuchtet den Raum, bildhaft vergleichbar mit Gottes Wirken in der Schöpfung.
Das farbige Licht zaubert je nach Tageszeit wunderschöne, unterschiedliche Stimmungen in den Kirchenraum, die ins Gebet führen oder staunend bewundert werden können. Oft liegt unser Fokus in einer Kirche nicht auf den Fenstern. Vielleicht möchten Sie diesen Sommer Kirchenfenster entdecken und Gottes Gegenwart nachspüren – in Farbe und Licht!
Felix Gmür, Bischof von Basel