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Fastenzeit: 7 Wochen ohne …

07.03.2024

Aki-Kolumne von Andrea Stadermann

Die Fastenzeit ist für mich jedes Jahr neu eine wichtige, spannende und oft auch herausfordernde Zeit. Legte ich früher den Fokus mehr auf den Verzicht auf Speisen und Getränke, was mir sehr schwer gefallen ist und eigentlich immer mehr oder weniger scheiterte, so ist mir seit einiger Zeit etwas anderes viel wichtiger: Die Fastenzeit hat als Ziel das Osterfest, für mich der Höhepunkt des Jahres, das Fest, das mir (und allen) die Erlösung, das Geliebt- und Gewollt Sein als Geschöpf Gottes jetzt und über den Tod hinaus zusagt. Und um mich auf die jährliche Feier dieser Botschaft der befreienden Liebe innerlich vorzubereiten, überdenke ich mein Leben, meinen Lebensstil, suche mir stille Zeiten, in denen ich meine (unguten?) Gewohnheiten anschaue und überlege, ob und wie ich daran arbeiten kann. Dabei hilft mir unter anderem seit einigen Jahren eine Kampagne der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Seit 1983 gibt es diese Fastenaktion und sie hat das wiederkehrende Thema «7 Wochen ohne». So gab es schon die Überschriften «Großes Herz! 7 Wochen ohne Enge» (2016), «Zeig dich! 7 Wochen ohne Kneifen» (2018) oder «Zuversicht! 7 Wochen ohne Pessimismus» (2020) und «Leuchten! 7 Wochen ohne Verzagtheit» (2023). In diesem Jahr heisst die Kampagne «Komm rüber! 7 Wochen ohne Alleingänge».

Wie in den letzten Jahren, so habe ich mich auch diesmal zur wöchentlichen Fastenmail angemeldet und erwarte sie jeden Mittwoch voller Spannung. Ich frage mich: Wo gibt es bei mir Alleingänge? Oder ist es nicht manchmal auch gut, allein zu sein? Ich geniesse es z. B., allein eine Kantate von J. S. Bach zu hören und dabei durch die grossen Fenster in unserer Wohnung einfach in die Weite zu schauen. Danach bin ich wieder bereit und offen für meine Umgebung, für die Sorgen und Bedürfnisse meiner Mitmenschen, für die Bewahrung der Schöpfung und das politische Engagement in vielen Themenfeldern um mich herum. Andererseits mache ich manchmal lieber Dinge mit mir allein aus und überschätze dabei meine Kräfte, anstatt andere um ­Hilfe zu bitten. Ich igle mich ein in meine grübelnden Gedanken und Probleme, dabei würde es mir doch helfen, mit einem vertrauten Menschen darüber zu sprechen und mich auszutauschen. Wo brauche ich das Nachdenken, das Erholen in der Stille und wo brauche ich Gemeinschaft, die anderen, die Kommunikation? Ein Perspektivwechsel kann ganz neue Sichtweisen ermöglichen, den Horizont erweitern und den Blick schärfen für meine Holzwege, die ich gehe und wo ich mir selbst im Weg stehe und Lebendigkeit und Freude verhindere. Komm rüber!

Andrea Stadermann

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