Strassenreinigung nach Rosenmontagsumzug in Wiesbaden, 2017. Foto: ollo/iStock
«Fertig luschtig!» – oder doch nicht?
Aschermittwoch: auch Neubeginn, lebensbejahend, Mut machend
Die Fasnachtszeit ist geprägt von ausgelassenen Feiern. Viele lassen in der fünften Jahreszeit – wie sie vielerorts genannt wird – noch einmal «die Sau raus». Wenn gewisse Grenzen eingehalten werden, kann dies ein heiterer Unterbruch im Lebensalltag sein und ausgesprochen guttun. Fröhlichkeit und Jux stehen im Vordergrund. Mit einer Maske, einer Verkleidung kann man in eine ganz andere Rolle schlüpfen als die gewohnte, alltägliche, und sich Dinge erlauben, die im Alltag keinen Platz haben.
Mit dem Aschermittwoch ist dann aber «fertig lustig!». Der Aschermittwoch läutet die Fastenzeit ein und erinnert an die 40-tägige «Auszeit», welche Jesus sich vor seinem öffentlichen Wirken genommen hat. Diese Fastenzeit soll uns auf das Ostergeschehen vorbereiten, sie ist geprägt von Umkehr und Einkehr.
Wir werden uns bewusst, dass unser Leben hier auf Erden vergänglich ist und unser Körper einmal zu Asche und Staub verkommt. Als Zeichen dafür wird den Gottesdienstbesucher*innen am Aschermittwoch ein Kreuz aus Asche auf die Stirn gezeichnet. Die anschliessende Fastenzeit soll dazu dienen, sich zu besinnen. Immer wieder straucheln wir in unserem Menschsein. Wir verletzen unsere Mitmenschen durch Worte und Taten, manchmal bewusst und manchmal gar ohne Absicht. Unserer Umwelt/Mitwelt oder auch uns selbst tragen wir vielleicht zu wenig Sorge.
Es gibt viele Menschen, die haben es satt, von der Kirche gesagt zu bekommen, dass sie schuldig bzw. sündig unterwegs sind. Die Kirche wirkt als «Spassbremse». Das eigene Gewissen weist uns sehr wohl den Weg in Selbstverantwortung. Hierfür braucht es keine Kirche, die uns vorgibt, was falsch und richtig ist. «Asche auf mein Haupt» ist ein gängiges Sprichwort, welches auch von Nichtchristen oft gebraucht wird. Es meint: Ich bekenne mich dazu, dass ich nicht ohne Fehl und Tadel bin und schon gar nicht so perfekt, wie ich es gerne hätte.
Sich selber die eigene Unvollkommenheit einzugestehen, ist das eine, doch tun wir uns oft schwer, dies der verletzten Person auch mitzuteilen, sprich: uns zu entschuldigen. Ist das geschafft, ist eine Hürde erfolgreich genommen.Doch kann das Gegenüber die Entschuldigung auch annehmen und verzeihen? Wenn ja, ist eine weitere Hürde genommen, und es ist durchaus lohnenswert, dies zum Beispiel mit einem Glas Wein zu feiern, denn es ist zur Versöhnung gekommen. Beide Parteien haben Bereitschaft dazu geboten.
Im kirchlichen Kontext kommt hier eine weitere Dimension hinzu. Im Sakrament der Versöhnung erhalten wir die bedingungslose Zusage der Liebe Gottes. Wir können neu (gewandelt) beginnen. Die Reset-Taste ist gedrückt, ein unbelastetes Weitergehen ist uns zugesagt. Die Bedeutung dessen ist umso grösser, als eine zwischenmenschliche Aussprache nicht (oder nicht mehr) möglich ist.
Die Kirche ist demnach keine «Spassbremse», sondern bietet in sakramentalem Charakter einen Neubeginn, bejaht das Leben, macht Mut zum Neuanfang!
Gabriella Aebersold-Joss