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Fingerzeig Gottes
Was uns die Covid-19-Zeit gelehrt hat.
Weich ist stärker als hart,
Wasser stärker als Fels,
Liebe stärker als Gewalt
An diesen Weisheitsspruch von Hermann Hesse könnte man mit Blick auf Covid-19 zufügen: Unsichtbar Kleines ist stärker als sichtbar Grosses. Für mich ist das Coronavirus ein Fingerzeig Gottes. Wir Menschen glauben oft, alles im Griff zu haben, alles kontrollieren zu können. Da kommt so ein unscheinbar kleines Virus, knechtet in wenigen Wochen die ganze Erde mit Angst und Schrecken und wirft das starke Individuum auf sich selbst zurück. Intellektueller Hochmut muss innert Tagen und Wochen erkennen, dass alles Geschaffene sterblich ist, abhängig von einer höheren Macht, an die der moderne Mensch nicht mehr glauben will oder kann.
Der Fingerzeig Gottes ist an die Gier des immer mehr Haben-Wollens und an das moderne Laster der Geschwindigkeit gelegt. Viele Arbeitnehmer*innen wurden unter Druck, wie Zitronen ausgepresst. Covid-19 nahm von einem Tag auf den anderen diesen Dauerstress weg und zeigte durch Homeworking, dass es auch gemütlicher gehen kann. Familien, die kaum mehr Zeit füreinander hatten, durften erneut miteinander ihre Interessen teilen und wieder zueinander finden.
Ein weiteres Zeichen Gottes, das mich persönlich sehr berührte, war das schöne Frühlingswetter während des Lockdown. Die Natur verdrängte mit ihrem blühenden Erwachen alle Ängste von Sterben und Tod durch die Kraft ihres keimenden Lebens. Gott in seiner Güte zeigte uns mit sonnigem Lächeln, dass Er das wahre Leben ist und zugleich der Herr über Leben und Tod. Und genau in diese Zeit hinein fiel das Osterfest, übertragen im Fernsehen, Radio oder auf Youtube.
Jesus lebt und zeigt uns mit seiner Auferstehung, dass auch wir leben werden und dass wir nicht nur Schätze hier auf Erden sammeln sollen, wo Rost und Motten sie zerfressen, sondern Schätze im Himmel. Wir sollen nicht wie Mistkäfer einzig auf Materielles schauen, sondern wie Bienen den Honig in der geistigen Welt suchen. Weil alle Zeit auf Erden über kurz oder lang durch den Tod in Ewigkeit verwandelt wird. Ja, wir sind nur Gast auf Erden.
Während fast dreier Monate mussten Gläubige sich in der geistigen Kommunion üben. Das war nicht immer leicht, sind wir doch alle sinnliche Wesen. Es barg jedoch die Chance, uns auf unsere innerste Mitte zu konzentrieren, auf unser eigenes Herz. Ist dies nicht gerade der Ort, wo der unsichtbare Gott innewohnt?
Covid-19 hat nebst Fasten und Verzicht viel Gutes entstehen lassen, viel Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme. Hoffentlich trägt es Früchte für eine bessere Zukunft. Hoffentlich gibt es mutige Menschen, die sich nicht mehr in die Spirale von Stress und Gier drängen lassen. Möge es immer mehr Menschen geben, die eine echte Umkehr wagen, weil sie jetzt, dank des Lockdown, mit ihren geistigen Augen die Zeichen Gottes im Alltag besser zu erkennen vermögen.
Béatrice Lüscher