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Frisch getauft
Aki-Kolumne von Benjamin Svacha
Lange Zeit war ich unschlüssig, ob ich in die römisch-katholische Kirche eintreten möchte. Da gibt es so viel, was schwer auf dieser Institution lastet. Katholisch zu bleiben, ist in diesen Tagen eine grosse Herausforderung. Weshalb man katholisch wird, ist kaum verständlich zu machen.
Ich bin diesen Schritt trotzdem gegangen und wurde am 24. September im Kapuzinerkloster Wesemlin in Luzern getauft. Bewusst, als Erwachsener, im Alter von 31 Jahren. Ein Erklärungsversuch:
Bis ich 20 Jahre alt war, haben Glaube, Religion oder Kirche in meinem Leben keine Rolle gespielt. Erst danach habe ich angefangen, mich für die «grossen Fragen» des Lebens zu interessieren. Dabei gab es Momente, in denen ich das Gefühl hatte, so etwas wie Gottes Spuren zu folgen. Und andere Momente, in denen ich geglaubt hatte, mich völlig im Dunkeln verirrt zu haben. Ein Dunkel, das auch unsere Kirche bestens kennt. Gerade ist sie wieder überall in den Schlagzeilen, weil unzählige Menschen in ihrem Namen alle Grenzen des Anstands und der Würde mit Füssen getreten haben, insbesondere die von Kindern. Und gerade jetzt habe ich mich taufen lassen, wurde Teil der Kirche, die dafür verantwortlich ist.
Das fühlt sich nicht richtig an. Aber es würde sich auch nicht richtig anfühlen, diesen Schritt nicht zu gehen: Ich denke dabei an all die Menschen, die von ihrem Glauben an einen Gott der Liebe getragen werden, sich für eine bessere Welt einsetzen und auf der Suche nach einem letzten Sinn sind. Diese Menschen sind das Gesicht der Kirche, das ich persönlich kennengelernt habe, und sie sind ein wichtiger Grund, warum ich jetzt Teil dieser Gemeinschaft bin.
Ich war (und bin) auf meiner Suche auch immer wieder unsicher, ob ich wirklich an Gott glaube. Nun habe ich dieses Bekenntnis öffentlich abgelegt: Zu glauben bedeutet dabei für mich, zum Leben wirklich und bewusst «Ja» zu sagen. Die Tatsache, dass wir auf einer grossen Kugel leben, gezeichnet von Flüssen und Meeren, überzogen von Wäldern, Steppen oder Wüsten, auf der unvorstellbar viele und faszinierende Lebewesen ein kurzes Leben lang gemeinsam anwesend sind, bevor sie wieder von der Bildfläche verschwinden – und die Tatsache, dass diese Kugel sich in einem unendlichen Raum um eine Sonne dreht, umgeben von Milliarden anderen Kugeln und Sternen im Weltall: Das alles habe ich bis heute nie als «normal» empfunden, vielmehr als ein unbegreifliches Wunder.
Diesem Wunder habe ich für mich einen Namen gegeben: Ich nenne es einfach Gott.
Benjamin Svacha