Im Berner Münster zünden Gläubige Kerzen der Hoffnung an. Foto: Pia Neuenschwander
«Gebet führt ins Handeln»
Ökumenisches Friedensgebet im Berner Münster
Zum ökumenischen Friedensgebet im Berner Münster hatte die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Schweiz (AGCK) am Freitag eingeladen. Trauriger Anlass war der Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine.
Text: Sylvia Stam, Fotos: Pia Neuenschwander
Das Berner Münster ist bis auf den letzten Platz besetzt. Schweigend ziehen die Liturg:innen ein, während vor der Tür die Guggenmusiken zur Kinderfasnacht aufspielen. Aus den meist schwarz oder weiss gekleideten Männern und Frauen sticht der gross gewachsene Nazar Zatorsky heraus, Priester der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, im goldbesticktem Priestergewand, ebenso Bischof Joseph Maria Bonnemain mit dem purpurnen Scheitelkäppchen.
«Wir wollen zu Gott beten, dass es irgendwo in diesem Konflikt einen Raum für die Sehnsucht nach Frieden gibt», sagt Jean-Yves Maillard, Präsident der AGCK in seinem Grusswort. «Einen Raum für die Vernunft, und um sich in die Lage des anderen zu versetzen und zu versuchen, ihn zu verstehen.»
Ein Politiker unter vielen Kirchenvertreter:innen
Viel Kirchenprominenz ist anwesend, in den vorderen Reihen sitzen der Einsiedler Abt Urban Federer, Marie-Luise Beyeler, Präsidentin des Landeskirchenrats der Landeskirche Bern, Jean-Marie Lovey, Bischof von Sitten, der christkatholische Bischof Harald Rein, und Davide Pesenti, Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz. Auch sein Pendant bei der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz, Urs Brosi, ist da, Rut-Maria Buschor, Äbtissin der Benediktinerinnen von Sarnen, sowie der ehemalige Zürcher Generalvikar Josef Annen.
Nationalratspräsident Martin Candinas ist der einzige Politiker, der an diesem bewusst apolitisch gehaltenen Friedensgebet spricht. Er erinnert daran, dass die Genfer Konventionen und die allgemeine Erklärung der Menschenrechte vor dem Hintergrund des Krieges entstanden seien. «Aus kleinen Flüssen werden grosse Ströme», so der Mitte-Politiker. Der erste Schritt sei, dass sich die Hoffnung auf Frieden verwirklichen möge. «Denn Hoffnung verleiht uns die Kraft zum Handeln.»
Kommen wir dem Frieden durch Gebete auch nur einen Schritt näher?
Rita Famos
Es ist viel von Hoffnung die Rede, und immer wieder wird in den Psalm- und Liedtexten um Frieden gebetet. «Doch kommen wir dem Frieden durch Gebete auch nur einen Schritt näher?», fragt Rita Famos, Präsidentin der Evangelischen Kirche Schweiz in ihrem «Wort zum Tag». «Ja, denn Gebet nährt die Gemeinschaft und Gebet führt ins Handeln», antwortet sie gleich selber. Die Liturgie schenke Worte gegen die Sprachlosigkeit, ihre uralten Rituale machten die Menschen in aller Ohnmacht handlungsfähig. «Im Beten halten wir unsere Angst und Unsicherheit vor Gott aus.»
Ein russischer und ein ukrainischer Priester
Höhepunkt der Feier sind die Fürbitten, die von Vertreter:innen verschiedener christlicher Gemeinschaften und Nationalitäten vorgetragen werden, darunter Wladimir Svystun, Priester der russisch-orthodoxen Kirche Bern, Jürg Bräker, Präsident der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Region Bern und Nazar Zatorsky, Priester der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche. Sie alle lesen einen kurzen Bibelvers, sprechen eine Fürbitte und zünden daraufhin eine Kerze an, die sie in ein mit Erde gefülltes Kreuz stellen.
Ehe die Teilnehmer:innen des Friedensgebets ein eindrückliches «Dona nobis pacem» anstimmen, erinnert Pierre-Yves Maillard daran, dass das Gebet um Frieden nicht aufhört. «Es soll uns weiterhin begleiten, Tag für Tag.»