Kirche könne bei gesellschaftlichen Umbrüchen Schlüsselrolle spielen: Kurt Aufdereggen

Gemeinsam Kirche sein

28.06.2019

Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung: Neues Mitglied in der Exekutive und Verabschiedung des Verwalters

Kurt Aufdereggen ist neu in der Exekutive der Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung. Er wurde vom Parlament an der Sitzung vom 26. Juni per Akklamation gewählt. Ausserdem konnten positive Finanzzahlen vermeldet werden. Und: Verwalter Rolf Frei geht in Pension.


von Andreas Krummenacher


Die Exekutive der Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung heisst Kleiner Kirchenrat, das Parlament ist der Grosse Kirchenrat. Diese Gremien tagten am 26. Juni in der Rotonda der Dreifaltigkeitspfarrei in Bern. Die Temperaturen waren hoch, buchstäblich und nicht etwa, weil es Streit gegeben hätte. Dafür gibt es kaum Anlass. Dieser Kirche geht es so gut wie nie.

Exekutive komplett

Mit der Wahl von Kurt Aufdereggen in den Kleinen Kirchenrat ist die Exekutive wieder komplett besetzt. Der 49jährige gebürtige Walliser wohnt seit seiner Studienzeit in den 1990er Jahren in Bern. Er ist Sozialwissenschaftler. Kurt Aufdereggen arbeitete in der Entwicklungszusammenarbeit, war verantwortlich für die Kampagne «Nachhaltige Entwicklung» bei Alliance Sud, einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Hilfswerke, darunter das Fastenopfer und Caritas. Er war dann wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Stiftung, die sich für bessere Lebensbedingungen in Südamerika einsetzt und wurde schliesslich Umweltbeauftragter beim Verein «oeku Kirche und Umwelt», bekannt durch den «Grünen Güggel», einem Umweltmanagementsystem, das Kirchgemeinden helfen soll, ihre Umweltleistung zu verbessern.

Kurt Aufdereggen ist bereits Mitglied des Ausschusses des «Fonds für diakonische und pastorale Projekte» der Gesamtkirchgemeinde Bern. Ausserdem ist er Mitglied in der bischöflichen Nationalkommission Justitia et Pax.

Kirche erlebe er als unterstützend und staatstragend, sagte er bei seiner Vorstellung vor den Mitgliedern des Grossen Kirchenrates. Er schätze insbesondere das Engagement der Kirchen für Menschen in Not und für Benachteiligte. Kurt Aufdereggen glaubt, dass die Kirche in Zeiten grosser gesellschaftlicher Veränderungen eine Schlüsselrolle spielen könne. Die Menschen hätten nicht auf die Institution Kirche gewartet. Wenn die Kirche aber für ihren Wertekanon einstehe, dann sei sie in der Gesellschaft ein wichtiger Leuchtturm: «Ich bin der Meinung, wir können nicht genug sprechen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Werte, für die ich mich persönlich sehr gerne einsetze.»

Verabschiedung

An der Sitzung verabschiedete die Präsidentin des Grossen Kirchenrates, Ursula Jenelten Brunner, den Verwalter der Gesamtkirchgemeinde Rolf Frei. Dieser wird nach zehn Jahren im Amt pensioniert. Ursula Jenelten Brunner hob hervor, dass Rolf Frei für sie als Präsidentin eine wichtige Bezugsperson gewesen sei. Sie lobte seine Zuversicht, seinen Humor. «Ich hatte immer das Gefühl, dass du Rolf für dieses Amt berufen gewesen bist.» Weiter sagte die Präsidentin des Grossen Kirchenrates, sie habe mit Rolf Frei ausgezeichnet zusammengearbeitet. Er habe umsichtig geführt, mit Respekt verhandelt. Er habe die GKG auf Kurs gebracht und in turbulenten Zeiten Ruhe bewahrt und das Schiff wieder in ruhige Gewässer geführt. «Mit Wertschätzung und echtem Interesse für das Gegenüber ist es dir gelungen mit den verschiedenen Partnerinnen und Partner der GKG, mit den Kirchgemeinderäten mit den Gemeindeleitenden, den sozialen Partner, den Landeskirchen gute Beziehungen aufzubauen und zu pflegen», so Ursula Jenelten Brunner. Mit Rolf Frei habe man sich über neue Ideen austauschen und sie dann auch umsetzen können. Sein offener Geist habe zum Gelingen beigetragen. (Anmerkung: Wir werden Rolf Frei zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle würdigen.)

Jahresrechnung

Die Jahresrechnung 2018 weist einen Überschuss von knapp 775000 Franken aus, bei einem Aufwand von insgesamt 33 Millionen. Angesichts der Steuererträge juristischer Personen, also Firmen und Gewerbe, erinnerte Dominique Reymond, Mitglied der Geschäftsprüfungskommission, daran: «Die Kirche, unsere Kirche, muss deshalb immer wieder beweisen, was sie tut und was sie leistet. Es geht hier nicht um PR-Aktionen, sondern um Überzeugungsarbeit; wir müssen den Tatbeweis konkret und positiv erbringen. Was ist unser Beitrag zur Solidarität, zum Zusammenhalt der heutigen Berner Gesellschaft? Dies ganz einfach nach den Werten, die Jesus uns gelehrt hat: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Mk 12,31) oder noch präziser: Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben (Mt 25, 35-36).»

Man könne nicht auf die nächste Motion oder den nächsten politischen Vorstoss warten, in dem die Abschaffung der Kirchensteuern für Unternehmen gefordert werde. Man müsse vorausschauend handeln, die Menschen überzeugen. Am Arbeitsplatz, am Stammtisch, in den Sozialen Medien.

Weiter sagte er: «Wir müssen uns nicht verstecken, nicht schämen; wir sind eine offene und grosszügige Kirche, die für alle da ist, insbesondere für die Menschen in Not, für die Leidenden und die Verzweifelten.»

Im Zusammenhang mit den Finanzen verlangte Markus Geiser, Grosser Kirchenrat für die Kirchgemeinde Dreifaltigkeit, das Anlageportfolio offenzulegen. Man dürfe auf keinen Fall in moralisch problematische Firmen investieren oder in Handlungen, welche den Klimawandel begünstigen würden. Karl-Martin Wyss, Exekutivpräsident, erklärte, es würden diesbezüglich Reglemente bestehen. Die Gesamtkirchgemeinde dürfe nicht beliebig investieren, das sei alles sehr konservativ geregelt. Man beachte hier soziale und ethische Aspekte. Die Richtlinien würden den Klimawandel nicht explizit erwähnen, da wäre allenfalls eine Ergänzung angebracht.

Da war auch noch interessant

Das Pfarreizentrum St. Franziskus soll neu gebaut werden, es gab einen Architekturwettbewerb. Gewonnen hat das Büro «Leismann Architekten AG» aus Bern. Das Siegerprojekt nennt sich Aerius. Das Zentrum soll 3 Millionen kosten. Verabschiedet wurde nun ein weiterer Projektierungskredit, das Baugesuch soll im April 2020 eingereicht werden.

Zu bester Letzt: Roman Mayer, Vertreter der Kirchgemeinde St. Josef Köniz, wurde neu in die Geschäftsprüfungskommission gewählt.