Giuseppina Burgunder Bucolo: Beichte beim Coiffeur

19.08.2024

Im Beichtstuhl: Giuseppina Burgunder Bucolo

Bei Giuseppina Burgunder Bucolo wird der Frisierstuhl zum Beichtstuhl.

Interview: Katharina Kilchenmann

Sie sind katholisch und freikirchlich sozialisiert. Was halten Sie von der Beichte?

Giuseppina Burgunder Bucolo: Nicht viel. Als Kind musste ich beich­ten, wusste aber nicht was. Zum Glück hat der Priester mir mögliche Sünden vorgeschlagen, von denen ich auswählen konnte. Aber die Tat­sache, dass man mir drohte, Gott sehe alle Sünden und ich würde dafür in die Hölle kommen, hat bis heute Spuren hinterlassen.

Haben Sie oft ein schlechtes Gewissen?

Burgunder Bucolo: Ab und zu, etwa wenn ich mich über meine alte, demente Mutter aufrege, obwohl ich weiss, dass sie für nichts etwas kann. Dann denke ich: Und wenn es ihn doch gibt, den strafen­den Gott?

Bekommen Sie als Coiffeuse vieles von Ihren Kund:innen mit?

Burgunder Bucolo: Ja, mein Frisierstuhl ist ein wahrer Beichtstuhl. Hier wird geweint, ge­lacht und geschimpft. Es werden Probleme gewälzt und Geheimnisse erzählt. Ich höre viele Geschichten, manchmal auch Details, die ich lieber nicht wüsste.

Beim Haarepflegen geben Sie als Beichtmutter Zuspruch?

Burgunder Bucolo: Genau. Seither weiss ich: Alle Men­schen haben Probleme und brau­chen ein offenes Ohr. Ich höre gern zu, bin, Gott sei Dank, aber auch gut im Vergessen.
 

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