
Blick ins Game «Cyberpunk 2077»: Screenshot des Spielauftrags «There is a light that never goes out». Foto: reddit.com
Glaubenssache online: Neue Wege der ethischen Vermittlung über PC-Games?
Botschaften christlichen Denkens und Handelns werden heutzutage auch spielerisch, wettbewerbsorientiert und selbstverantwortlich vermittelt – unter anderem anhand von Rollenspielen in PC-Games.
Michael Hartlieb
Der Jahresanfang ist bei vielen Menschen mit guten Vorsätzen gepflastert. Im neuen Jahr muss alles anders werden! Mehr Sport, fairer aufgeteilte Hausarbeit, nachhaltiges Einkaufen, liebevoller mit den Nächsten umgehen, den Fleischoder Alkoholkonsum reduzieren… Soziolog:innen sprechen davon, dass «ethische Selbstoptimierung» ein Religionsersatz für uns Westeuropäer:innen geworden ist: Nachdem das Christentum seine Funktion als Erlösungsreligion verloren hat, weichen die Menschen auf neue «Erlösungsversprechen» aus.
Um den Himmel, der einst für alle weit offenstand, ist es still geworden – gesucht wird die Realisierung des Himmels im Hier und Jetzt. Die Schattenseiten liegen auf der Hand: Ein Scheitern an den eigenen Ansprüchen wird durch falsche Entscheidungen und charakterliche «Mängel» erklärt.
Ethische Botschaften der Kirchen verschwinden
Vorbei ist aber auch der direkte Zugriff auf das Gewissen durch von der Kirche vorgegebene moralische Gebote. «Was man tun und lassen sollte» – das wussten bis vor wenigen Jahrzehnten alle Christ:innen aus der Bibel, von Katechet:innen, Priestern und dem sozialen Umfeld. Viele haben diesen moralinsauren Kreislauf allerdings auch nicht als Chance zu einem gelingenden Leben erfahren, sondern als bedrohlich und einengend: Die Frohbotschaft war eine Drohbotschaft geworden, weil die Kirche über sie wie ein Scharfrichter gewacht hatte.
Wie aber können die ethischen Anliegen der christlichen Botschaft so Thema werden, dass sie überzeugte Umsetzende finden? Vielleicht, indem die Botschaften des christlichen Denkens und Handelns künftig spielerisch, wettbewerbsorientiert und selbstverantwortlich vermittelt werden.
Christliche Kernbotschaften via Games erleben
Einer der Wege mag erstaunen: Es sind Unterhaltungsmedien wie Games, die heute christliche Kernbotschaften aktiv erlebbar machen. Schauen wir aktuelle Rollenspiele wie «Persona 5», «Cyberpunk 2077» oder «Disco Elysium» an, sehen wir faszinierende technische Meisterleistungen: Sie lassen Spielende in fantasievoll und realistisch konstruierte Welten abtauchen.
Die vom Computer gesteuerten Bewohner:innen dieser Welten spiegeln zugleich die Wertvorstellungen heutiger Menschen wider. Im Verlauf dieser PC-Games werden Spielende mit Situationen konfrontiert, die ethische Entscheidungen nach sich ziehen müssen. Hilft man den Armen und Schwachen unentgeltlich? Setzt man sich für das Überleben einer Gemeinschaft ein? Oder wird man zum «Outlaw» und verlegt sich aufs Zusammenraffen von Reichtümern?
In fast allen Games ist es so, dass exemplarische christliche Verhaltensweisen (Schutz der Armen und Schwachen, Gemeinsinn, Einsatz für Recht und Gerechtigkeit) positiv bewertet werden, während egozentrisches Handeln (Diebstahl, Mord usw.) zwar geduldet wird, aber nicht zum Spielziel führt.
Man sollte Games deshalb zugestehen, mehr zu sein als nur ein Zeitvertreib. Denn heute sind auch sie es, die in einer entchristlichten Welt Botschaften des Christentums «ins Spiel bringen». Ihre Stärke gewinnen sie aus dem fehlenden Zeigefinger: Die Spielenden selbst entscheiden über ihre Handlungen und erfahren die Konsequenzen im weiteren Spielablauf; sie können frei ausprobieren, wie sich Entscheidungen auswirken – ein Vorteil, den wir im Alltagsleben nicht geniessen und der vielleicht auch ein wenig den Druck aus dem Gelingenszwang der Selbstoptimierung herausnimmt.
Games machen vielmehr erlebbar, dass es verschiedene Wege zu persönlichen Zielen gibt und Erlösung etwas ist, dass nicht in der eigenen Macht liegt.
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