Gott ist abwesend und doch da
Es klingt widersprüchlich, aber mir gefällt der Satz: «Wenn es Gott gibt, dann gibt es ihn nicht.» Diese Aussage meint: Gott existiert nicht wie ein Ding oder ein Wesen unserer Erfahrungswelt. Gott ist «ganz anders», in Gedanken und Worten nicht wirklich zu fassen. Trotzdem haben sich Menschen aller Zeiten Gedanken über Gott und Bilder von Gott gemacht, schöne und schreckliche, je nach ihren Erfahrungen. Wir Christinnen und Christen haben ein menschliches Bild von Gott. Wir sagen, Gott sei eine «Person», ein Du. Aber auch das ist nur ein Bild. Gott tritt nicht als solcher in Erscheinung. Wer auf das Erscheinen Gottes wartet, «wartet auf Godot», d.h. vergeblich. Und trotzdem glaube ich, dass Gott «da» ist, hinter dem Fassbaren und Sichtbaren, aber nicht getrennt davon, nicht weit weg hinter den Wolken, wohl eher verborgen im Sichtbaren und Erfahrbaren und in uns. Ich sehe Gott im Wunderbaren und Aussergewöhnlichen des Lebens: im mutigen, selbstlosen Handeln von Menschen, in der Kreativität in uns, in der Schönheit der Dinge, in Friedensbemühungen … und in der simplen Tatsache, dass es uns und die Welt gibt. Meines Erachtens hat die Aussage «Aus nichts kommt nichts» durchaus ihre Berechtigung. Das gilt meines Erachtens auch für das Wunderbare. Gott ist für mich Ursprung und Kraft für das Liebevolle und Wunderbare in der Welt und in uns. Darum: Gott ist die Liebe; die wahrhafte Liebe ist Gott.
José Balmer vertritt seine persönliche Sicht. Wer auf seine Anregungen einsteigen will, kritisch, zustimmen oder ergänzend, kann das in unserem begleitenden Forum tun (Online-Formular, Email).