«Eine spannende Erfahrung», sagt Thomas Villiger, der hier in seinem Büro feiert. Foto: Gregor Gander
Gottesdienst feiern übers Internet
Corona führt zu neuen Liturgie-Formen.
In Corona-Zeiten leben Hausgottesdienste auf – via Zoom. Sie lassen viel Gemeinschaft und Teilhabe zu, müssen aber gut vorbereitet werden.
Von Dominik Thali
«Wir feiern wirklich», sagt Gunda Brüske. Und schiebt schmunzelnd nach: «Am Osterabend kam Jesus durch verschlossene Türen zu seinen Jüngern. Das Internet ist also sicher kein Hindernis für ihn.» Brüske ist Co-Leiterin des Liturgischen Instituts, ihr gegenüber sitzen in ihren Büros und Stuben an diesem Januar-Abend 16 Frauen und Männer vor dem Bildschirm. Sie haben sich zum Kurs «gottesdienst@home» eingeloggt, um erstmals miteinander einen digitalen Hausgottesdienst zu feiern und ihre Erfahrungen damit zu teilen.
Alle singen gemeinsam und doch solo
Gunda Brüske verteilt zu Beginn die Rollen: Wer singt vor? Wer liest das Evangelium? Den «digitalen Ministranten» macht Thomas Villiger, der das Webinar organisiert hat – er kümmert sich um die Technik. Villiger ist Theologe, Pfarreiseelsorger und Mitarbeiter der Luzerner Landeskirche; im November erst hatte er selbst diese Form des Feierns entdeckt.
Der etwa 20-minütige Wortgottesdienst beginnt mit dem Kreuzzeichen und indem alle eine Kerze anzünden. Der Segen schliesst die Feier ab. «Gemeinsame, zeichenhafte Handlungen sind wichtig. Sie verbinden und bringen Leibhaftigkeit ins Geschehen», sagt Gunda Brüske. Die Lieder singt eine Person vor, derweil die anderen ihr Mikrofon stumm schalten: Gemeinsames Singen geht übers Internet wegen der leicht verzögerten Übertragung nicht. Gleich beim Vater-unser: Jede und jeder betet für sich und sieht nur sich bewegende Lippen.
Das heisst anderseits: Die Feiernden sind sich nah, blicken sich in die Augen. «Das ist gewöhnungsbedürftig, das lenkt mich ab», sagt ein Teilnehmer. Ein anderer meint hingegen: «Ich war präsenter als in einem gewöhnlichen Gottesdienst.» Jemand schlägt vor, zu vorgelesenen Texten oder Momenten der Stille ein Bild einzublenden. «Das könnte in die Ruhe führen.» Gunda Brüske nickt: Die Formen seien den Feiernden anzupassen. Es gibt viele Ideen: Mitfeiernde Kinder könnten Zeichnungen anfertigen und vor die Kamera halten. Zu einer Kreuzweg-Feier am Karfreitag könnten die Teilnehmenden eigene Bilder hochladen.
Die Gruppe ist sich einig: Feiern übers Internet bietet viele Teilhabe-Möglichkeiten. «Eine spannende Erfahrung, neue Gottesdienst-Formen zu entdecken und auszuprobieren», meint eine Frau. «Nutzt die Möglichkeiten, freier zu feiern», ermuntert Gunda Brüske. Dass manche an diesem Abend nicht so recht zu sich und in Stimmung kommen, versteht sie. Und versichert: «Das Spirituelle wird stärker mit der Wiederholung.» Brüske machte im ersten Lockdown regelmässig bei Online-Feiern mit.
«Das probiere ich jetzt selbst einmal aus»
Die technischen Voraussetzungen sehen sie und die Gruppe ebenso als Hindernis wie als Chance. Viele Menschen, vorab ältere, sind nicht gewandt im Umgang mit dem Internet. Bilder einblenden, einen Film abspielen: Solche Dinge wollen geübt sein. Anderseits: Ein digitaler Gottesdienst kann auch zu einer familienfreundlichen Zeit abgehalten werden. Er bezieht Menschen mit eingeschränkter Mobilität ein. Oder erspart Anfahrtswege. Vor allem aber bringt er Menschen zusammen, die sich sonst nicht begegnen würden. Am Kursabend feiert jemand aus dem Wallis und aus St. Gallen mit. Ein Teilnehmer berichtet von einer Weihnachtsfeier auf Distanz.
Den Begriff «Potenzial» fällt an diesem Abend einige Male, auch Skeptiker nicken dazu. Eine Teilnehmerin sagt am Schluss: «Jetzt habe ich den Mut, das einmal selbst auszuprobieren.»
Der nächste Kurs findet am 21. April von 18.30 bis 20 Uhr statt. Anmeldung bis am 16. April.
Weitere Kurse werden bei Bedarf angeboten. Kontaktadresse: gunda.brueske@liturgie.ch
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Dieser Beitrag erschien zuerst im Kantonalen Pfarreiblatt Luzern.