Bewegt, gestaltend und bunt: Kirche im Sinne Jesu ist mit den Menschen unterwegs und passt sich ihnen an. Foto: Rhondak, unsplash.com

Heilige Geistkraft: lebensnah, liebevoll und bunt

23.05.2021

Festgefahrenes Kirchenbild vs. vertrauensvoller Wandel.

«Die Kirche ist nicht mehr zu retten», höre ich in meinem Umfeld immer wieder. Immenser Reformstau, hohe Kirchenaustrittszahlen, eine Amtskirche, die sich von der Lebensrealität der Menschen distanziert hat und Gläubige, die enttäuscht von ihrer religiösen Heimat sind, dominieren das momentane Kirchenbild.

Von Jacqueline Straub, Theologin, Journalistin und Buchautorin

Wer pessimistisch auf das Schiff Kirche blickt, könnte meinen, dass dieses festgefahren ist und nicht mehr von der Stelle kommt. Doch die Kirche ist noch nie stillgestanden und wird es auch in Zukunft nicht tun. Allerdings muss die Angst innerhalb der Kirche abgebaut werden. Wer tief im Glauben verwurzelt ist und auf den Heiligen Geist vertraut, kann sich von ihm treiben lassen und braucht nicht dagegen anzukämpfen.

Der Heilige Geist drängt zum Wandel

Von reaktionären Kräften in der Kirche wird der Heilige Geist oftmals als «Zeitgeist» abgetan, gegen den es vorzugehen gilt. Doch versündigt man sich nicht, wenn man gegen den eigenen Schöpfer kämpft? Wenn wir daran glauben, dass die Kirche von der Heiligen Geistkraft geleitet ist, dann müssen wir auch davon ausgehen, dass sie die Kirche antreibt und bewegt. «Der Heilige Geist drängt zum Wandel, und wir sind bequem. Der Heilige Geist ist für uns eine Belästigung. Er bewegt uns, er lässt uns unterwegs sein, er drängt die Kirche, weiter zu gehen», sagte schon Papst Franziskus.

Viele haben es sich bequem gemacht in der Kirche. Sie denken, dass die Kirche sich nicht ändern muss, da diese «schon immer so war» und sie erwarten von den Menschen, dass diese sich anpassen. Dieses Denken ist falsch. Eine Kirche, die nicht den Menschen im Blick hat und somit sich auch nicht dem Menschen anpasst, ist keine Kirche Jesu Christi.

Aufbruch unter dem Regenbogen

Fakt ist, dass in den letzten Jahrzehnten der Heilige Geist von der Amtskirche immer wieder überhört wurde. Dennoch hat die Heilige Geistkraft viel in Bewegung gesetzt. Ich spüre einen notwendigen Aufbruch in der Kirche: Ich sehe, wie Menschen sich für andere Menschen einsetzen und eine klare Haltung beziehen. Etwa als der Vatikan verlautbaren liess, dass homosexuelle Paare nicht gesegnet werden dürfen. Auf Social Media und darüber hinaus entstand eine Welle der Solidarität und viele Seelsorgende, Lai*innen und Geweihte stellten sich hinter die gleichgeschlechtliche Liebe und sagten deutlich, dass sie diese segnen werden. Regenbogenflaggen wurden vor den Kirchen gehisst und grosse mit Kreide gemalte Regenbogen schmückten die Kirchenplätze. Priester predigten in Youtube-Videos darüber und protestierten zusammen mit tausenden Gläubigen unter dem Hashtag #loveisnosin gegen die Haltung des katholischen Lehramts.

Frauenfrage und Diskriminierung

In den letzten Jahren ist auch in der Frauenfrage mehr in Bewegung gekommen: Die Ungleichheit der Geschlechter wird immer weniger akzeptiert. Auch in anderen Ländern der Welt kann sich die Basis Frauen und verheiratete Männer als Priester*innen vorstellen. So zeigte eine Umfrage des Pew Research Center, dass 78 Prozent der Katholik*innen in Brasilien für das Frauenpriestertum sind. In Uruguay können sich 66 Prozent verheiratete Priester vorstellen. International tun sich immer mehr Gläubige zusammen, um gegen die Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen in der Kirche anzukämpfen. Sie sind laut und können nicht mehr überhört werden.

Auch in den Pfarreien gibt es mutige Seelsorgende und Ehrenamtliche, die das machen, was die Basis braucht. Sie denken «out of the box» und gestalten Kirche lebensnah, liebevoll und bunt. Die Heilige Geistkraft hat die Menschen schon immer inspiriert, mutige und neue Wege in der Kirche zu gehen. Wir müssen keine Angst haben. Sondern wenn wir uns davon treiben lassen, befreien wir Kirche aus dem vermeintlichen Stillstand und machen sie zukunftsfähig. Es braucht jede*n, um etwas in der Kirche zu ändern. Und auch kleine Aktionen können Grosses bewirken.