Herausgegriffen

29.03.2017

Unter anderem mit Erziehungstipps, Tipps zum Fensterputzen und Tipps vom Googles «Chief Evangelist»

Schläger und Gewalttäter
«Bevor ich merke, dass ich eigentlich traurig und einsam bin, schlage ich zu und der Schmerz ist bei einem anderen. Ich habe das Gefühl, dass ich dann unverwundbar bin und die Schmerzen immer bei den anderen Menschen wahrnehme, oder sehe oder eben zufüge, aber niemals bei mir. Ich mache mich selber unverwundbar.»
Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort in der Radiosendung Kontext, SRF2 Kultur, 14. März: «Das Symptom als Schlüssel zum Problem.»
Link zur Sendung

Bitte mit ein bisschen Stolz
«Der verstorbene britische Historiker Tony Judt betrachtete die im 19. Jahrhundert gebauten Prachtbahnhöfe als Seismografen einer funktionierenden bürgerlichen Gesellschaft. Nur ein ortsbezogener Patriotismus bringt solche Werke hervor. Ohne Bürgerstolz gibt es auf Dauer kein erspriessliches öffentliches Leben, keine Eisenbahn oder U-Bahn, die ihr Geld wert sind.»
Prof. Dr. Oliver Zimmer, Der gute Wutbürger, Das Magazin, Nr. 6, 11. Februar 2017.

Oscarpreisträger Moonlight
Der Oscar für den besten Film ging in diesem Jahr an das Drama Moonlight von Barry Jenkins. Es geht um einen schwulen, schwarzen Jungen, den wir dabei beobachten, wie er erwachsen wird. Die Hauptfigur heisst im ersten Teil des Films Little. Er ist neun Jahre alt, isst sehr viel und er spricht kaum etwas. Der Drogendealer Juan kümmert sich gleichsam als Vaterersatz um den Kleinen. Es ist ein grosser Mann, muskulös. Beim Abendessen sieht Little plötzlich auf und fragt Juan: «Was ist eine Schwuchtel?»
Juan (Drogendealer): «Das ist ein Wort, das gebraucht wird, damit sich schwule Menschen schlecht fühlen.»
Little: «Bin ich eine Schwuchtel?»
Juan: «Nein, du könntest zwar schwul sein, aber niemand darf dich Schwuchtel nennen.» Little: «Wie weiss ich, ob ich schwul bin?»
Juan: «Das wirst du wissen, wenn du es weisst. Aber jetzt musst du das nicht wissen. Noch nicht.»

Der Journalist Ernst Buchmüller war von dieser Szene derart ergriffen, dass er in der Sendung Kultur-Stammtisch im Radio SRF4 News vom 18. März sagte: «Das ist eine Szene, die müsste in ein Lehrbuch für Eltern. Alle müssten das lesen, bevor sie ein Kind kriegen, lesen, wenn das Kind laufen kann, müssten das immer lesen. Das ist Integration, das ist Diversifizierung der Menschen, das ist akzeptieren, was Menschen sind. Das ist Erziehung im positivsten Sinn.»
Andreas Krummenacher
Kultur-Stammtisch SRF 4 News zum Film Moonlight

Tipps von Googles «Chief Evangelist»
«Ehrlich gesagt interessiert mich das nächste grosse Problem viel mehr: die Ära der digitalen Dunkelheit. Ich mache mir eher Sorgen darüber, dass wir irgendwann unsere alten digitalen Dateien nicht mehr auslesen können. Schon jetzt ist es unmöglich, meine alten Powerpoint-Dateien zu öffnen. Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn die heutigen Bild-Formate irgendwann veraltet sind: All die digitalen Fotos und Erinnerungen, die die Menschen gespeichert haben, sind dann verloren. Wir arbeiten daher mit Hochdruck an einer Lösung. Aber bis dahin rate ich jedem: Drucken Sie Ihre Fotos auf guten Papier aus! Von Papier wissen wir, dass es 150 Jahre hält. Für digitale Formate ist bisher meist nach 20 Jahren Schluss.»
Die «Welt am Sonntag» (Nr. 13, 26. März) im Gespräch mit Vinton Gray Cerf, dem Miterfinder des Internets. Der 73-Jährige Informatikpionier arbeitet heute als «Chief Evangelist»(!) für Google an neuen Technologien, aus denen sich weitere Dienste entwickeln lassen.

Im selben Interview sagt Herr Cerf zum Umgang von Kindern mit dem Internet: «Sie müssen eine Atmosphäre schaffen, in der ein kritischer Geist gefördert wird. In der Inhalte hinterfragt werden: Wer hat uns da was erzählt? Wo kommen die Daten her? (...) Ich würde Kindern die Hausaufgabe geben, zehn Webseiten auf ihre Inhalte hin zu prüfen und aufzuschreiben, welchen dieser Seiten ich trauen kann – und welchen nicht. Die Aufgabe wäre übrigens unvollständig gelöst, wenn sie nur auf Onlinequellen basierte. Es gibt schliesslich einen Ort, den manche wohl schon vergessen haben: die Bibliothek. Dort gibt es viele Bücher – ich empfehle, da mal die Nase hineinzustecken und sich zu informieren und vermeintliche Wahrheiten aus der Welt des Internets zu hinterfragen.»
Zusammenfassung zum Interview mit Vinton Cerf aus welt.de

Papst Superstar
Papst Franziskus weilte am 25. März in Mailand. Er besuchte eine muslimische Familie in einer schäbigen Wohnung an der Peripherie, dann sprach er zu Priestern im prächtigen Mailänder Dom, er ass Risotto alla milanese und Kotelett mit 100 Strafgefangenen, feierte mit knapp einer Million Menschen die Messe und traf im San-Siro-Stadion Firmlinge. Ein Triumphzug, sodass selbst die Sportzeitung «Gazzetta di Sportiva» (26. März) den Papst auf ihrer Titelseite als Champion ausrief.
Papst in Mailand

Vernünftig nachdenken
«Die Schönheit des Räsonierens muss erneuert werden, so sehr wie das kollektive Bedürfnis nach Belehrung. Wir sollen wieder belehrt werden wollen. Das gilt nicht zuletzt auch für das politische Establishment selbst. Es wäre schon viel gewonnen, wenn in aller Offenheit auch Fehler eingestanden werden könnten.»
Schriftsteller Giorgio Fontana in der NZZ vom 27. März «Etwas mehr Unordnung bitte».

Frühlingsputz leicht gemacht
«Fensterputzen ist oft mühsam, da man mit herkömmlichen Lappen das Glas kaum richtig sauber bekommt. In solchen Situationen eilt ein unerwarteter Freund zu Hilfe: deine Lieblingszeitung! Das Zeitungspapier ist besonders saugfähig und hat eine weitere wichtige Eigenschaft: Durch die Spirituslösung der Zeitung bekommen Fenster einen unvergleichlichen Glanz.»
Gelesen im «quartiermail.ch» vom 16. März. Man kann für obige Tätigkeit auch das «pfarrblatt» benutzen. Das Papier eignet sich ausgezeichnet. Sie merken, lieber einen guten Recycling-Tipp als einen schlechten Aprilscherz. Lassen Sie sich nicht veräppeln.
Andreas Krummenacher