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Hochzeit
Kolumne aus der Inselspitalseelsorge
Das Spitalzimmer ist reich dekoriert, und ich kapiere nicht sofort, dass dies mit der Hochzeit zu tun hat, welche vor drei Tagen stattfand. Ich stehe am Bett einer sterbenden jungen Frau. Sie ist am gleichen Tag geboren wie ich. Heute stirbt sie.
Die Hochzeit war am Samstag. Seine Frau sei Dank Kortison-Präparaten voll dabei gewesen. Sie hätten richtig schön gefeiert mit Freunden und Familie. Das sei ihnen wichtig gewesen. Und dann, bereits am nächsten Morgen, habe sich eine grosse Müdigkeit über sie gelegt, und seither sei er einfach hier bei ihr. Sie habe lange gekämpft, sehr lange. Als medizinische Praxisassistentin habe sie gewusst, was die Diagnose bedeute. Dennoch sei sie immer aufgestellt geblieben. Er bewundere seine Frau, mit Betonung auf «seine Frau». Ja, er hätte dies nie so durchgestanden.
Jetzt verstehe ich den Zusammenhang zwischen den Blumengirlanden, den farbigen Lampions und dem Menschen, welcher am Bettrand seiner Gefährtin sitzt und ihre Hand ganz ruhig in seiner hält.
Bob Marleys Lieder tränken den Raum mit Hoffnung und Traurigkeit, und die Melodie verstummt erst, als der Ehemann einen Moment lang den Raum verlässt, um sich auf der Terrasse eine Zigarette anzuzünden. Ganz ruhig ist es jetzt im Zimmer, und in meinen Ohren klingen noch ein paar Wortfetzen nach: Singin: «Don’t worry about a thing... cause every little thing gonna be alright…»
Da öffnet sich die Türe. Der Bruder der Patientin betritt den Raum fast gleichzeitig mit dem Ehemann. Zu dritt sitzen wir jetzt um das Bett. Reden, schweigen, wechseln ein paar Blicke. Die Männer weinen.
Dann stockt ihr der Atem und kommt nach einer längeren Pause zurück. Die Männer wechseln die Plätze. Der Bruder sagt: «I gloub, es isch so wyt.» Die Präsenz im Raum ist überwältigend. Die Trauer unermesslich. Der Ehemann redet ganz ruhig: «Hey. Du darfsch ga. Es isch aues guet.»
Dann schweigen wir alle. Fast ein heiliger Moment, so scheint es mir und ein Geschenk des Himmels, so sterben zu dürfen: Am Übergang von einer in die andere Welt, getragen von der Liebe einer noch ganz jungen Hochzeit und der allumfassenden Liebe Gottes.
Simone Bühler, Seelsorgerin im Inselspital