
«Ich finde das Leben so schön, trotz allem.»
Aki-Kolumne von Geneva Moser
Ein Tagebuch zu schreiben begonnen, hat die Jura-Studentin Etty Hillesum wohl auf Anraten ihres Therapeuten. Schreibend das Leben ordnen, sich selber eine Struktur auferlegen, zu mehr Zufriedenheit finden – das waren die Motivationen hinter dem Tagebuch. Das Schreiben der jungen Frau war anfänglich geprägt von Selbstzweifel, Liebeskummer und depressiven Stimmungen.
Etty Hillesum, 1914 in einer niederländischen Kleinstadt geboren, bewegte sich in progressiven studentischen Kreisen in Amsterdam. Das Judentum spielte in diesem jungen Leben kaum eine Rolle. Erst mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht 1940 änderte sich ihr Leben und das der Jüdinnen und Juden in den Niederlanden radikal. Die jüdische Minderheit wurde mit ständig neuen Verordnungen und Massnahmen drangsaliert, in die gesellschaftliche Isolation getrieben und ihres Besitzes beraubt. Etty Hillesum durfte ihr Studium nicht fortsetzen. Sie wurde unter dem Druck der Verfolgung zur beeindruckenden Chronistin ihrer Zeit: Trotzig hielt sie daran fest, das Leben schön zu finden und an das Gute im Menschen zu glauben – noch kurz vor ihrem Abtransport in das Vernichtungslager Auschwitz, wo sie 1943 ermordet wurde, schrieb sie darüber, dass jeder Grausamkeit ein weiteres Stück Liebe entgegengesetzt werden müsse.
Die Entwicklung zu einer mutigen, jungen Frau, die ethisch handeln und gegen den Hass ankämpfen will, lief parallel zu einer weiteren Entwicklung: Etty Hillesum suchte nach Gott. Sie begann «in sich hineinzuhorchen», machte tiefe Gebetserfahrungen, kniend auf ihrer Badezimmermatte, und fand einen inneren Frieden. Die moderne Mystikerin schrieb: «Ich will dir helfen, Gott, dass du mich nicht verlässt, aber ich kann mich von vornherein für nichts verbürgen. Nur dies eine wird mir immer deutlicher: dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns letzten Endes selbst. Es ist das einzige, auf das es ankommt: ein Stück von dir in uns selbst zu retten, Gott. Und vielleicht können wir mithelfen, dich in den gequälten Herzen der anderen Menschen auferstehen zu lassen. Ich werde im Gespräch mit dir ruhiger. Ich werde in der nächsten Zeit noch sehr viele Gespräche mit dir führen und dich auf diese Weise hindern, mich zu verlassen».
Tagung: 10. bis 13. April 2025, Lassalle-Haus
Die Tagung stellt die Schriften von Etty Hillesum ins Zentrum und regt dazu an, selber in die Kreativität zu kommen durch angeleitetes Schreiben.
In Kooperation mit dem aki: Für junge Studierende wird eine Reduktion von 50% auf die Gesamtkosten gewährt.