Die Kirche kann Fremden Heimat vermitteln. Hier: Gottesdienst zum Welttag der Migrant:innen in Rom. Foto: KNA/Stefano Dal Pozzolo
In der Fremde Heimat geben
Am Sonntag wird Giovanni Battista Scalabrini heiliggesprochen.
Am 9. Oktober wird Giovanni Battista Scalabrini heiliggesprochen. Drei Mitglieder der Berner «Missione Cattolica di Lingua Italiana» erzählen, warum sie an die Heiligsprechung nach Rom fahren.
Von Sylvia Stam
«Ich möchte Danke sagen», erläutert Beatrice Roveri Schiess (59) ihre Motivation für diese Pilgerreise, die von Scalabribi-Missionaren organisiert wird. «Unsere Familie hat sich in der Missione Cattolica so willkommen gefühlt. Hier lebt eine Italianità, wie ich sie als Kind kannte», sagt die Tessinerin, die seit ihrem Studium in der Deutschschweiz lebt. Von «Zuneigung und Respekt für diejenigen, die ihr Leben dem Dienst anderer widmen», spricht Franco Castrovillari (69). Er meint damit die Scalabrini-Missionare, welche die Missione Cattolica Italiana di Lingua Italiana leiten und von denen er in den 53 Jahren, die er in Bern wohnt, einige kennen gelernt hat. Ihre Aufgabe ist es bis heute, Migrant:innen in der Fremde «einen Ort zu geben, wo sie sich zu Hause fühlen», formuliert Beatrice Roveri.
Gleichwertige Menschen
«Scalabrini hat sich im 19. Jahrhundert für die Probleme der Italiener:innen interessiert, die in die USA und nach Brasilien ausgewandert waren», erzählt Franco Castrovillari. Er habe sie als gleichwertige Menschen betrachtet. Wie er sehe auch Papst Franziskus «Migrant:innen als Menschen, nicht als soziales Problem, als Schatz für den Aufbau unserer Gesellschaft», sagt Gabriella Capparuccini (66), die als Seconda in der Schweiz geboren ist.
Alle drei engagier(t)en sich denn auch selber für Migrant:innen: Gabriella Capparuccini wirkt in der Missione Cattolica di Lingua Italiana als Freiwillige für Flüchtlinge mit, sie unterstützt beispielsweise minderjährige Flüchtlinge durch Ausflüge oder Kosmetik-Workshops. Auch Beatrice Roveri hat in dieser Gruppe Kleidersammlungen und Spielnachmittage mit Menschen aus Syrien, Somalia und Äthiopien organisiert.
Respekt und Offenheit von beiden Seiten
«Ich möchte anderen Migrant:innen ein Familiengefühl vermitteln. Wenn man sich wohl fühlt, kann man sich auch auf das neue Land einlassen», sagt Roveri. «Ich bin als gläubiger Mensch für sie da», sagt Capparuccini, die sich intensiv mit der Bibel und mit Glaubensfragen auseinandersetzt. Sie will keineswegs missionieren, sondern vielmehr ein Beispiel geben, dass sie selber auf dem Weg ist.
Franco Castrovillari hat sich als Vertreter der Missione Cattolica mehrere Jahre in der Synode der Landeskirche für die italienischsprachigen Gläubigen eingesetzt. Er bedauert, dass die Missionen heute im Landeskirchenparlament kein Stimmrecht mehr haben. Wie Scalabrini findet er es wichtig, dass Migrant:innen «ihre eigene Identität nicht verleugnen», auch wenn sie sich assimilieren. Dazu brauche es Respekt und Offenheit von beiden Seiten.
Begründer der Migrant:innenseelsorge
Giovanni Battista Scalabrini (*1839 in Como) war von 1875 bis 1905 Bischof von Piacenza. In dieser Zeit wanderten viele Italiener:innen aus Armut nach Amerika und Brasilien aus. Scalabrini gründete daher 1887 die «Kongregation der Missionare» und 1895 die «Schwesternkongregation der Missionarinnen des Heiligen Karl Borromäus». Diese kümmerten sich als Seelsorger:innen um die italienischen Migrant:innen in Übersee. Daher wird Scalabrini auch «Vater der Migrant:innen» genannt. Die beiden Kongregationen setzen sich bis heute in über 30 Ländern für Migrant:innen und Flüchtlinge ein, in der Schweiz etwa als Priester der Missione Cattolica die Lingua Italiana in Bern.