Bereitet mit ihrem Team die Geschäfte für den Synodalrat und die Synode vor: Die Verwalterin der Röm.-kath. Landeskirche des Kantons Bern, Regula Furrer. Bild: Pia Neuenschwander
«Jede Organisation muss sich regelmässig verändern»
Kurz vor der Synode: Regula Furrer, Verwalterin der Landeskirche, stellt sich den Fragen des «pfarrblatt».
Immer im Frühjahr und im Herbst finden die Synoden statt, also die Versammlungen in kirchlichen Angelegenheiten. Die Abgeordneten der Röm.-kath. Landeskirche aus allen Teilen des Kantons Bern treffen sich am 9. Juni im Berner Rathhaus. Seit vier Jahren ist Regula Furrer Giezendanner Verwalterin dieser Landeskirche. Eine herausfordernde Aufgabe, stehen doch ausserordentliche und wichtige Geschäfte an. Zeit für eine Standortbestimmung.
«pfarrblatt»: Wenn Sie einer durchaus aufgeweckten Primarschülerin erklären müssten, was eine Synode ist, wie würden Sie das tun? Es gibt ja daneben auch noch den Synodalrat ...
Regula Furrer: Die Synode ist das Kirchenparlament des Kantons Bern, vergleichbar mit dem Grossen Rat oder dem Nationalrat. Der Synodalrat ist dasselbe wie ein Gemeinderat oder der Bundesrat für die Schweiz.
Danke Ihnen dafür! Am 9. Juni findet nun also die Synode, die Sitzung dieses Kirchenparlaments, statt. Was sind die wichtigsten Geschäfte?
Wie immer im Frühling, verabschieden wir die Rechnung des Vorjahres. Diese schliesst mit einem schönen Überschuss ab. Dann nimmt die Synode Kenntnis vom Jahresbericht 2016 des Synodalrates und lässt sich über den Stand der Dinge im grossen Struktur- und Strategieprojekt «Perspektiven 2020» informieren. Weiter berichtet der Synodalrat über die politische Arbeit rund um das neue Landeskirchengesetz des Kantons Bern. Dieses kommt nun in die Endphase und wird im September im Grossen Rat behandelt.
Das wichtigste Traktandum sind aber sicher die Wahlen. Die Synode wählt einen neuen Präsidenten für den Synodalrat und ein neues Mitglied in den Synodalrat. Zudem gibt es noch eine Ersatzwahl in die Finanzkommission.
Sie erwähnen die Wahl des neuen Synodalratspräsidenten. Die Suche dauerte nun doch Monate. Wieso die lange Wartezeit?
Wie Sie wissen, ist die neu gewählte Synodalratspräsidentin im letzten Sommer, nur eine Woche nach ihrer Wahl, aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen. Damals hat die Vizepräsidentin den Vorsitz des Synodalrates ad interim übernommen. Die gewählte Präsidentin hat dann Anfang Herbst als Folge ihrer Krankheit den Rücktritt auf die nächste Synode erklärt. Zu diesem Zeitpunkt war es schon spät für das Finden einer Nachfolge. Die Suche hat sich bis in den Frühling hineingezogen. Trotz intensiver Bemühungen – neben vielen anderen Bemühungen haben wir eine Stellenausschreibung gemacht und viele Gespräche geführt – konnte kein Kandidat, keine Kandidatin ausserhalb des Synodalrates gefunden werden. Immerhin haben wir aber einen Kandidaten für den offenen Sitz im Synodalrat gefunden! Wir müssen uns bewusst sein, dass der zeitliche Aufwand für das Präsidium gross ist. In dieser Situation hat sich schliesslich der gewählte Synodalrat Heinrich Gisler aus Bern entschieden, sich bis Ende der laufenden Legislatur, also bis Sommer 2020, als Präsident zur Verfügung zu stellen. Für den Synodalrat sicher eine ideale Lösung.
Wie geht es übrigens Claire Haltner gesundheitlich, können Sie dazu etwas sagen?
Es geht ihr besser, es geht ihr verhältnismässig gut. Sie wird aber nicht mehr in der Lage sein, beispielsweise eine solches Amt zu übernehmen.
War diese Vakanz für Sie schwierig, oder anders gefragt, sind Sie erleichtert, dass hier eine Lösung gefunden wurde?
Ja, ich bin erleichtert, dass wir die Lösung mit Herrn Gisler gefunden haben. Er ist in der Lage, die Landeskirche gegen innen und aussen kompetent und überzeugend zu vertreten und ihr als Präsident wieder ein Gesicht zu geben.
Zum neuen Landeskirchengesetz: Der Entwurf liegt ja nun vor. Wie sieht hier der Zeitplan aus?
Der Zeitplan sieht vor, dass das Gesetz in der Septembersession vom Grossen Rat in erster Lesung diskutiert und in der Novembersession verabschiedet werden soll. Im Moment beginnen die Gespräche der Landeskirchen mit den Fraktionen der politischen Parteien. Zudem werden die Kirchen in Kürze von der staatspolitischen Kommission des Grossen Rates befragt und angehört.
Die Vorbereitungen zum neuen Landeskirchengesetz wurden auf Kantonsebene geführt. Lässt es sich mit den kantonalen Verantwortlichen gut verhandeln?
Das ist eine Frage der Optik. Es war relativ einfach, mit den beteiligten Personen das Gespräch zu suchen und zu «streiten» respektive zu diskutieren. Die Röm.-kath. Kirche musste jedoch im Verlaufe des Prozesses und vor allem in der Vernehmlassung zum Gesetz feststellen, dass die Meinungen beim Kanton gemacht sind. So war unsere Forderung nach einer wirklichen Gleichbehandlung der beiden grossen Landeskirchen, die sich vor allem finanziell ausgewirkt hätte, chancenlos, obwohl dies alle Kirchgemeinden mit zwei Ausnahmen in ihren Stellungnahmen zur internen Vernehmlassung verlangten. Die Röm.-kath. Landeskirche ist im Kanton Bern halt «nur» die kleine Schwester, aber sie wächst noch immer und wird grösser …
Die Verteilung der Gelder zwischen den verschiedenen Landeskirchen hat den ökumenischen Frieden strapaziert, um es diplomatisch zu formulieren. Sie waren in die Verhandlungen involviert. Wo stehen wir heute?
Wir stehen am selben Ort wie im letzten Herbst. Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion und der Regierungsrat sind nicht auf die Forderung der Röm.-kath. Landeskirche nach einer echten Gleichbehandlung und damit nach einem proportional gleich grossen Sockelbeitrag für uns eingetreten. Der Synodalrat ist enttäuscht und bedauert diesen Entscheid, akzeptiert ihn jedoch, auch in Kenntnis der politischen Realitäten im Kanton Bern. Er geht nun gemeinsam mit den anderen Landeskirchen in die politischen Diskussionen mit den Parteien und dem Parlament. Übrigens war unsere Forderung nach Gleichbehandlung nie gegen eine der anderen Landeskirchen gerichtet und wollte auch die Ökumene nicht gefährden. Unser alleiniger Adressat war der Kanton, von dem wir die Gleichbehandlung eigentlich erwarten dürften.
Es wird vieles neu. Sie bezeichnen den Prozess dahin als «Perspektiven 2020». Wo stehen Sie? Wie gehen die Arbeiten voran, und klappt das gut?
Die Arbeit im Projekt klappt sehr gut. Es sind sechs verschiedene Arbeitsgruppen mit insgesamt gegen 100 Personen aus allen Ebenen der Kirche, also aus der Landeskirche, den Kirchgemeinden, dem Bistum und den Pfarreien, intensiv an der Arbeit. Da ist viel Engagement spürbar und auch viel Kreativität! Bis im Sommer sollten die Grundsatzdiskus- sionen geführt und Handlungsansätze bekannt sein. Im August werden wir in der Projektleitung den ersten grossen Zusammenzug der Resultate machen und anschliessend über die Weiterarbeit an den einzelnen Themen entscheiden.
Bereits weiter fortgeschritten ist die Arbeit der beiden Arbeitsgruppen «Grundlagen/Strukturen» und «Personal». Der Entwurf der neuen Kirchenverfassung steht und wird Anfang Juni von der Begleitkommission und dem Synodalrat diskutiert und beurteilt. Dasselbe gilt für die Grundzüge des neuen Personalrechts, das notwendig wird, da die Landeskirche per 2020 Arbeitgeberin der bisher beim Kanton angestellten Geistlichen wird. Bei der Erstellung der neuen Kirchenverfassung gab es viele ganz spannende Diskussionen um die künftigen Strukturen und Kompetenzen. Also beispielsweise über die Grösse oder die Zusammensetzung der Synode und des Synodalrates oder auch um deren Bezeichnung.
Sie sind seit exakt vier Jahren Verwalterin. Diese Jahre waren geprägt von Präsidiumswechsel, grossen gesetzlichen Veränderungen, dem Umzug der Geschäftsstelle – um nur einige zu nennen. Hätten Sie die Stelle angetreten, wenn Sie geahnt hätten, was alles auf Sie zukommen würde.
Sicher, die Stelle hätte mich nur noch mehr gereizt! Ich habe beispielsweise gewusst, dass der Umzug der Geschäftsstelle kommen soll, und auch, dass die Geschäftsstelle einen Erneuerungsprozess braucht. Andere Prozesse wie das Landeskirchengesetz sind politische Prozesse, die damals noch nicht absehbar waren, mit denen man aber immer rechnen muss. Gerade diese immer wieder notwendigen Veränderungen, sei es innerkirchlich oder politisch, machen die Arbeit in einer Organisation wie der Landeskirche spannend.
Jede Organisation muss sich regelmässig verändern, sonst ist sie nicht überlebensfähig. Ich habe übrigens auch alle meine früheren Stellen zu Zeitpunkten angetreten, in denen strukturelle und inhaltliche Veränderungsprozesse angegangen wurden und «Change Management» gefragt war. Dies scheint zu mir zu gehören.
Interview: Andreas Krummenacher
Wahlen
Für das Präsidium des Synodalrats stellt sich Heinrich Gisler zur Wahl. Er wohnt in Bern, ist 68 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Heinrich Gisler war Mitglied der Generaldirektion der PTT: Personal und Mitglied der Geschäftsleitung Personal Post. Er ist Sozialversicherungs- und Vorsorgeexperte. In der Synode ist er seit fünf Jahren. Er gehört der Pfarrei Guthirt Ostermundigen an. Heinrich Gisler ist Wander- und Tourenleiter.Für den freiwerdenden Sitz im Synodalrat stellt sich Roland Steck-Theiler aus Faulensee zur Wahl. Der 58jährige Berufsoffizier ist verheiratet und ebenfalls Vater von zwei erwachsenen Kindern. Er ist Miglied im Kirchgemeinderat Spiez, Ressort Finanzen.
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Heinrich Gisler, Foto: zVg
Frühjahrssynode
Die Frühjahrssynode der Röm.-kath. Lan-deskirche findet am Freitag, 9. Juni, von 13.00 bis 16.30 im Rathaus Bern statt. Die Versammlung ist öffentlich, Interessierte sind als Zuschauerinnen und Zuschauer willkommen. Schwerpunkte: Wahl unter anderem eines Synodalratspräsidenten. Kandidat ist der 68-jährige Heinrich Gisler aus Bern. Zudem wird die Rechnung 2016 präsentiert und über das neue Landeskirchengesetz informiert. Infos: www.kathbern.ch/landeskirche