«… hülle mich in eine warme Umarmung» Foto: iStock, Prostock Studio
Jüdische Segenssprüche - auch für die Impfung
Jüdische Gebete für Gesundheit
Im Judentum ist das ganze Leben von Segenssprüchen durchzogen. Juden und Jüdinnen segnen einander bei der Begrüssung und beim Abschied. Kinder werden von den Eltern gesegnet, es gibt einen Segen für Geburt, Hochzeit und vor dem Tod der Eltern. So hatte der Stammvater Jakob für jeden seiner zwölf Söhne einen besonderen Segen (1.Mose 49,28).
Von Christiane Faschon, freie Journalistin
Es gibt den täglichen Segen über Nahrungsmittel, Getränke, nach dem Gang zur Toilette, bei der Körperpflege, aber auch einen beim Anblick eines blühenden Baums. Ebenso bei Gewittern, Kometen, Sternschnuppen, Erdbeben, Vulkanen, beim Anblick berühmter Gelehrter oder wenn man ein Geländer gebaut hat. Weiter bei medizinischen Behandlungen und wenn man aus Gefahr gerettet wurde. Dazu eine Vielfalt anderer Segen zu besonderen Gelegenheiten.
Gebräuchlichere Segen beginnen alle mit «Gesegnet seiest Du, Herr, unser Gott, König des Universums...». Bei der Begegnung eines Freundes, den man ein Jahr nicht gesehen hat: «…der Du die Toten belebst». Bei einem Regenbogen: «...Der sich des Bundes [mit Noach] erinnert, Seinem Bund treu bleibt und Sein Versprechen hält.»
Der berühmteste Segen ist er Aaronitische, der auch in den Kirchen oft gebetet wird. (Numeri 6,24-26):
«Der Herr segne dich und behüte dich;
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.»
Dank für die Impfung
Zur Covid- Impfung werden nun ebenfalls Segenssprüche publiziert. Die Rabbinerin Lisa Gelber, New York, hat gemeinsam mit ihrer Tochter ein Dankgebet zu deren Impfung verfasst. «Heiliger des Lebens und der Liebe, hülle mich in eine warme Umarmung, während ich mich auf meinen Covid-19-Impfstoff vorbereite. Ich danke den Ärzten und Wissenschaftlern, die Schöpfer sind wie Du, sowie den weisen Menschen, die den Impfstoff genehmigt haben, und allen, die dafür gesorgt haben, dass er Kindern zugänglich ist.»
Nach dem Schulchan Aruch, einer wichtigen Zusammenfassung religiöser Vorschriften, soll man vor medizinischen Eingriffen beten: «Möge es Dein Wille sein, Ewiger, mein Gott, dass dieser Vorgang mir Heilung bringt, denn Du bist Heiler, ohne etwas zu verlangen» und danach: «Gelobt sei Derjenige, der die Kranken heilt».
Rabbiner halten dieses Gebet auch für eine Impfung geeignet. Die Reformrabbinerinnen Barbara Symons und Doris Dyen, Pittsburgh, haben zwei Segenssprüche zusammengestellt. Eine Variante des Gebets «der Menschen mit Weisheit formt» aus der Morgenliturgie. Es dankt Gott für das Wunder und die Funktionsfähigkeit des Körpers. Dann wird betont, dass Forscher:innen und Mediziner:innen als Partner Gottes bei der Bekämpfung des Virus arbeiten. Der zweite Segensspruch ist das Schehechejanu, «der uns das Leben gegeben hat.»
Rabbiner Eli Yoggev und Rabbanit Bracha Jaffe (modern-orthodox, USA) danken dem Herrn der Welt und «Weisheitsgeber» für den Impfstoff und für das «Wissen, die Weisheit und Ausdauer», mit der Mediziner:innen und Wissenschaftler:innen ihn hervorgebracht haben. In dem Gebet bittet man auch um die Heilung der Kranken und die Rettung durch den Impfstoff ohne Nebenwirkungen. Alle Menschen sollen noch «viele Jahre lang viel Segen, Licht und Gutes geniessen». Zwei Verse aus Psalm 19 und 36 beenden das Gebet.
Gott nahe sein
In der Hebräischen Bibel steht der Begriff Barach, ברך brk. Wir übersetzen dies mit «segnen», die Übersetzung ist nicht korrekt.
Barach heisst lebensfördernde Heilskraft / heilschaffende Kraft , grüssen, gratulieren, loben. Segnen meint aber in Deutsch, dass etwas von oben nach unten gegeben wird, es drückt ein Gefälle aus. Dies im Gegensatz zum hebräischen Wort. Gott «segnet» Abraham, aber Abraham auch Gott (wir übersetzen das gleiche Wort dann mit «loben».)
Segen meint Kraft, Frieden, Schutz, Fürsorge usw. Gemeinsam sind wir mit Gott, wir sind ihm nah, mit ihm/ihr. Wir sind uns so nah, wie wenn wir auf seinen/ihren Knien sitzen würden. Das Wort steht für eine ganz nahe, innige Beziehung. Zu jeder Lebenssituation – auch bei der Impfung gegen Covid.
In der katholischen Kirche gibt es im Zusammenhang mit Corona und Covid diverse Gebete und Fürbitten. Das Liturgische Institut der Deutschsprachigen Schweiz hat diese Texte gesammelt. kr