Spirituelle Dimension der Schöpfung. Michaelskreuz auf dem Rooterberg oberhalb Root LU Foto: Andreas Krummenacher
Kampf dem Plastik statt Busse tun
Kirchen und Hilfswerke rücken in der Fastenzeit den Umweltschutz ins Zentrum. Wir sollen uns wandeln. Geht es immer weniger um den Glauben und immer mehr um grüne Politik?
Umweltschutz in Verbindung mit Christentum scheint aktuell ein grosses Thema zu sein. Die konfessionellen Hilfswerke in der Schweiz fordern in ihren Fastenkampagnen einen Wandel, ein Umdenken. Unser Lebensstil sei nicht nachhaltig, wir würden auf dem Buckel anderer und der Umwelt leben. Auch die Fasten-Kampagne der «Church of England», der anglikanischen Kirche Englands, steht ganz im Zeichen des Umweltschutzes: «Hört auf mit dem Plastik», heisst es da. Böse Zungen sprechen von einer «Säkularisierung» der Kirchen. Es gehe nicht mehr um Glauben und Spiritualität, sondern um grüne Politik.
Die «Church of England» fordert ihre Mitglieder dazu auf, die Herausforderung anzunehmen und in der Fastenzeit gänzlich auf Plastik zu verzichten. Sie nennt ihre Aktion «Lent Plastic Challenge». Im Blick haben die Verantwortlichen Einweg-Plastikbehälter, Plastikbecher und andere unnötigen Plastikverpackungen.
Auch die hiesigen Fastenzeit-Aktionen der Kirchen und Hilfswerke stehen ganz im Zeichen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit. Die ökumenische Kampagne der Hilfswerke Fastenopfer und Brot für alle firmiert unter dem Titel: «Für eine Welt, in der alle genug zum Leben haben».
Die Aktionen sind Teil grosser Umweltschutzprogramme der Kirchen und Hilfswerke zur Bewahrung der Schöpfung. Es geht darum, den eigenen ökologischen Fussabdruck zu verkleinern, also sorgsam mit den Ressourcen umzugehen. Wir würden über unsere Verhältnisse leben, es gelte, dies zu ändern, sich zu verändern, den Wandel einzuläuten.
Die Fastenzeit ist traditionell eine Zeit des Verzichts, der Busse und des Gebets, es ist die Vorbereitungszeit auf die Karwoche und insbesondere auf Ostern. Es gäbe bekanntlich einige Opfer, die man für diese vorösterliche Busszeit auf sich nehmen könnte. Auf Schokolade oder Alkohol verzichten beispielsweise oder aber man lässt endlich von Facebook ab. Gehören da Plastik und Umweltschutz auch dazu? Sind solche Aktionen nicht schlicht zu profan? Wird die religiöse Betrachtung beliebigen «Ersatzhandlungen» geopfert?
In keiner Weise. Es sind die Zeichen der Zeit, es sind zweifellos Möglichkeiten, neu Sinn zu verleihen. Gerade die katholische Kirche hat sich stets der Bekämpfung struktureller, auch globaler Probleme gewidmet. Sei das Hunger, Armut, soziale Ungerechtigkeit und dergleichen. Es gibt in vielen religiösen Gruppierungen eine grosse Bereitschaft, beispielsweise Einkommensungleichheiten zu beseitigen oder die Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen. Zu nennen sind hier Hilfswerke, 3.Welt-Gruppen oder karitative Vereinigungen.
Paradebeispiel aber ist zweifellos Papst Franziskus selbst. In seiner vor drei Jahren erschienen Enzyklika «Laudato si' – Über die Sorge für das gemeinsame Haus» macht er deutlich, dass die Sorge um die Umwelt eine grundlegende christliche Pflicht sei. Für den Papst sind Umwelt- und Gerechtigkeitsfragen zentrale Punkte seines Dienstes. Für ihn ist die Welt von Gott geschaffen, Bequemlichkeit und unmittelbare Befriedigung individueller Wünsche würden diese Schöpfung schädigen.
Gefordert sei nun Kooperation und die Sorge für die Umwelt. Er spricht im Zusammenhang mit Umweltzerstörung und unkontrollierter Ausbeutung der Ressourcen von Sünde, es ist eine kollektive Sünde, vornehmlich der westlichen Welt. Wenn man so will, geht es dem Papst um strukturelle Ungerechtigkeiten, um Verteilungsgerechtigkeit. Die Sünde liegt im System, auch und vor allem bei den grossen Konzernen. Franziskus will ein Umdenken, er fordert mehr Respekt vor der Umwelt und damit vor dem Menschen als Geschöpf Gottes. Wir werden aufgefordert, diese Schöpfung als Geschenk zu betrachten und sorgsam zu verwalten. Von Profanität und Beliebigkeit also keine Spur.
Andreas Krummenacher