Der Katholische Frauenbund sagt Ja zur BVG-Reform. Foto: SRF news
Katholischer Frauenbund begrüsst BVG-Reform: «Wichtiger Beitrag zu Solidarität»
Die Reform der beruflichen Vorsorge ist umstritten, die Gewerkschaften haben das Referendum dagegen ergriffen. Der Schweizerische Katholische Frauenbund sagt trotzdem Ja zur Vorlage.
Barbara Ludwig
Am 22. September stimmt das Schweizer Stimmvolk über eine Reform der Zweiten Säule ab. Die Vorlage ist umstritten. Die Gewerkschaften haben das Referendum ergriffen. Die Grünen und die SP lehnen die Reform ab, die bürgerlichen Parteien, die GLP und die EVP befürworten sie.
Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) bezeichnet in seiner Stellungnahme die Vorlage als «realpolitischen Kompromiss», der nicht die «grossen, visionären Veränderungen» mit sich bringe, die es für eine umfassende Gleichstellung in der Altersvorsorge bräuchte. Trotzdem begrüsst der grösste konfessionelle Frauendachverband die Reform.
Von der Vorlage profitiere eine Minderheit in Form von höheren Renten, doch genau dies sei «ein wichtiger Beitrag zur Solidarität», schreibt er in einer Stellungnahme. Der SKF begrüsst zudem die vorgesehenen tieferen Sparbeiträge für ältere Arbeitnehmer, durch diese Massnahme würden sie für Arbeitgeber «günstiger und damit attraktiver».
Frauen mit niedrigen Löhnen «besser versichert»
Die Reform weise verschiedene Elemente auf, die zum Ziel hätten, die Situation von Frauen in der beruflichen Vorsorge zu stärken. Erfreulich ist aus Sicht des Frauendachverbandes, dass neu nur noch 20 Prozent jedes Lohns unversichert bleiben: «Damit sind in Teilzeit Erwerbstätige und Niedrigverdienende, die überwiegende Mehrheit davon Frauen, deutlich besser versichert.»
Der SKF bedauert indes, dass die Vorlage keinen Teuerungsausgleich aufweist, womit die Pensionskassen-Renten weiter an Wert verlieren würden. Er kritisiert zudem, dass die unbezahlte vorwiegend von Frauen geleistete Care-Arbeit in der beruflichen Vorsorge nicht berücksichtigt werde – dies im Unterschied zur AHV, die die Betreuungsarbeit als rentenbildende Arbeit anerkennt.
Syna lehnt Vorlage ab
Syna ist eine Gewerkschaft mit einem christlichen Erbe. Im Einklang mit den Gewerkschaftsdachverbänden lehnt auch sie die Reform ab. Für mittlere und hohe Löhne werde die Reform eine Rentenkürzung bewirken, schreibt Véronique Rebetez, bei Syna zuständig für Sozialpolitik, auf Anfrage. Und für Geringverdiener wären die Rentenerhöhungen ungenügend im Vergleich zu den höheren Beiträgen, die sie einzahlen müssen. «Die Kosten der Reform sind völlig ungerechtfertigt.»
Zudem profitierten Arbeitnehmer mit tiefen Löhnen zurzeit von Ergänzungsleistungen, wenn sie in Rente gehen. Syna befürchtet, die Reform werde lediglich dazu führen, dass der Anteil der Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe sinke, aber nicht den Versicherten zu Gute kommen. «Wir sind deshalb der Ansicht, dass die Reform ihr Ziel verfehlt», schreibt Rebetez.
Die Vorlage
Hintergrund der Reform der Zweiten Säule sind tiefere Erträge der Pensionskassen und höhere Ausgaben, weil Rentnerinnen und Rentner immer länger leben. Die Vorlage will das Finanzierungsproblem durch eine Senkung des Umwandlungssatzes lösen – von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent. Der Prozentsatz gibt an, wie hoch später die Rente sein wird.
Immer 80 Prozent des Lohns versichert
Ausgleichsmassnahmen sollen verhindern, dass die künftigen Renten sinken. Eine solche Massnahme sieht vor, dass der versicherte Lohn erhöht wird. Heute werden unabhängig von Lohn und Beschäftigungsgrad 25'725 Franken abgezogen – was sich besonders stark auf Angestellte mit geringem Einkommen auswirkt.
Künftig soll immer 80 Prozent des Lohnes versichert sein. Damit ist insbesondere bei tiefen Einkommen ein deutlich grösserer Teil des Lohns versichert als heute – dadurch sei später meist auch die Rente deutlich höher, heisst es in den Abstimmungsunterlagen. Um die Auswirkung des niedrigeren Umwandlungssatzes zu kompensieren ist zudem für die Übergangsgeneration ein Rentenzuschlag vorgesehen.
Mehr Personen werden versichert
Die Vorlage sorgt zudem dafür, dass mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zweiten Säule versichert sind. Aktuell sind es nur Personen, die bei einem einzelnen Arbeitgeber in einem Jahr mehr als 22'050 Franken verdienen. Wer diese Eintrittsschwelle nie oder nur in einzelnen Jahren erreicht, hat später keine oder nur eine kleine BVG-Rente. Betroffen sind vor allem Frauen. Mit der Reform wird die Eintrittsschwelle gesenkt. Dadurch würden schätzungsweise 70'000 Personen zusätzlich versichert. (bal)