Kirchensteuern finanzieren auch Jugendprojekte mit, zum Beispiel das Projekt AareFunk der ökumenischen Jugendarbeit «echo» in Münsingen. / Foto: zVg
Keine Kirchensteuern nach Rom
Was passiert mit den Kirchensteuern? Die Kirchgemeinde Münsingen legt es offen
Wozu werden Kirchensteuern verwendet und wer bestimmt darüber? Ein Kirchensteuer-ABC mit Beispielen aus der katholischen Kirchgemeinde Münsingen.
Felix Klingenbeck, Leiter der Pfarrei St. Johannes, Münsingen
A wie Austritt
Kirchenaustritte entziehen der Kirche vor Ort das Geld für vielfältige Aufgaben, nicht dem Bistum oder dem Vatikan. Über 90% der Kirchensteuern werden in der Kirchgemeinde vor Ort verwendet. Knapp 10% gehen an die Landeskirche des Kantons Bern für regionale und nationale Aufgaben wie z.B. Gefängnisseelsorge oder anderssprachige Missionen. Die Landeskirche überweist einen Betrag ans Bistum Basel (ca. 0,5%).
B wie Beratung
Kirchensteuern finanzieren Sozialberatungen, Überbrückungshilfen für Menschen in Not, Seelsorge, Treffpunkte für Asylsuchende, Quartierarbeit, Krankenbesuche und vieles andere mehr. Diese Angebote stehen allen Menschen offen, ungeachtet von Herkunft und Religion.
D wie demokratisch
Die Verwendung der Kirchensteuern und der Steuerfuss werden jährlich demokratisch festgelegt, von der Kirchgemeindeversammlung oder in grösseren Kirchgemeinden vom Kirchenparlament. Jedes Kirchenmitglied kann mitbestimmen. Die Kirchgemeinden im Kanton Bern kennen das Stimmrecht für Ausländer:innen schon lange.
F wie Fundamentalismus
In Anbetracht fundamentalistischer Strömungen auch im religiösen Bereich ist die Förderung kritischen Denkens wichtiger denn je. Kirchensteuern ermöglichen Bildungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (Religionsunterricht, Firmprojekte, Referate, Workshops, Tagungen usw.).
G wie Gottesdienste und Rituale
Gottesdienste und Rituale sind öffentlich und stehen allen offen. Bei Ritualen an Lebenswenden (Geburt, Trauung, Tod usw.) gibt es vom Ort und der Gestaltung her vielfältige Möglichkeiten. Eine individuelle, persönliche Gestaltung gehört zum Standard.
J wie Jung und Alt
Kirchensteuern ermöglichen in Pfarreien und Pastoralräumen vielfältige Angebote für Jung und Alt, von Jubla, Pfadi, Minis bis hin zu Mittagstischen, Seniorennachmittagen und -ferien.
R wie keine Steuern nach Rom
Kein Steuergeld aus dem Kanton Bern geht in den Vatikan. Der einzige Beitrag nach Rom ist der sogenannte «Peterspfennig», der einmal pro Jahr im Rahmen eines Gottesdiensts als Kollekte eingezogen wird.
S wie Soziale Projekte
Neben Angeboten, welche die Kirche mit eigenem Personal auf die Beine stellt, werden aus den Kirchensteuern auch soziale Institutionen, Projekte und die Katastrophenhilfe unterstützt. Die katholische Kirchgemeinde Münsingen beispielsweise hat aufgrund des Ukraine-Kriegs ihren Beitrag an soziale Institutionen verdoppelt.
R wie Räume für alle
Kirchliche Räume stehen einem weiten Kreis zur Verfügung. In der katholischen Kirchgemeinde Münsingen wird das Pfarreizentrum zusätzlich zu den Pfarreiaktivitäten vielfältig genutzt: vom Generationentheater 50plus bis zum Kollegiumstag der Musikschule Aaretal, vom Probetag eines Gospelchors bis zum Imbiss nach einer Beerdigung, vom Deutschkurs für Asylsuchende bis hin zur Familienweihnachtsfeier.
T wie Transparenz
Die detaillierten Budgets und Rechnungen der katholischen Kirchgemeinde Münsingen der letzten Jahre sind auf der Website einsehbar. Wo dies nicht der Fall ist, können Budget und Rechnung unkompliziert angefordert werden. Wofür die Landeskirche die Kirchensteuern einsetzt, ist für jede:n offen zugänglich.
Wohin fliessen Kirchensteuern?
Fr. 100.– Kirchensteuern verteilen sich gemäss der röm.-kath. Kirchgemeinde Münsingen (Rechnung 2022) wie folgt:
Fr. 41.– für Personal und Pfarreileben (Anlässe, Katechese usw.)
Fr. 14.– für Abschreibungen
Fr. 14.– für soziale Institutionen, Projekte, Katastrophenhilfe im In- und Ausland
Fr. 11.– für Infrastruktur und Gebäudeunterhalt
Fr. 10.– als Abgabe an die Landeskirche des Kantons Bern
Fr. 5.– fürs «pfarrblatt» Bern
Fr. 3.– für Organisation, Administration
Fr. 2.– fürs Steuerinkasso durch den Kanton