Werner Schmitt, ehemaliger Direktor des Konservatoriums Bern und Vorstandsmitglied im Verein «Legato Bern-Odessa» ist Mitorganisator der Klavierkonzerte. Foto: Pia Neuenschwander
Klavierkonzerte für den Frieden
Der Verein «Legato Bern-Odessa» setzt ein Zeichen
Der Verein «Legato Bern-Odessa» hat die baldigen Konzerte der ukrainischen Pianistin Olga Zado und des russischen Pianisten Sergey Tanin in Bern von langer Hand geplant. Wegen der Ereignisse in der Ukraine laufen sie inzwischen unter dem Titel «Pianists For Peace». Damit wollen Zado und Tanin sowie der Verein Legato ein Zeichen für den Frieden setzen.
Von Luca D’Alessandro
Dass die beiden kommenden Klavierkonzerte im Yehudi Menuhin Forum Bern eine politische Konnotation hervorrufen könnten, hätte Mitorganisator Werner Schmitt vor zwei Monaten nicht gedacht. Im Gegenteil: Der ehemalige Direktor des Konservatoriums Bern und Vorstandsmitglied im Verein «Legato Bern-Odessa» ging davon aus, an den letztjährigen Gala-Event anknüpfen zu können. Damals spielte Olga Zado Beethovens fünftes Klavierkonzert. Der Anlass: das 30-jährige Bestehen der unabhängigen Ukraine.
Die Ukraine 35 Male bereist
Schmitt fühlt sich mit den Menschen in der Ukraine verbunden. Bereits 35 Male hat er die Ukraine bereist, in Odessa zahlreiche Freundschaften geschlossen und musikalisch begabte Kinder mit gespendeten, gut erhaltenen Instrumenten versorgt. Der Grossteil kam den Schüler:innen der dortigen Spezialmusikschule Stolyarsky zugute. Auch Olga Zado durfte in ihrer Jugend von Legatos Engagement profitieren. Heute lebt die 32-jährige Pianistin in Berlin, wo sie es zu internationalem Ansehen gebracht hat. Am 28. April spielt sie im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Pianists for Peace» Schubert, Skrjabin und Ravel in Bern (siehe unten).
Schulbetrieb eingestellt
In Odessa sind gegenwärtig sowohl die Spezialmusikschule als auch die öffentlichen Musikschulen geschlossen. Zahlreiche Familien haben die Hafenstadt inzwischen verlassen, einige unter ihnen haben in der Schweiz Zuflucht gefunden. «Wir müssen den Kindern einen geeigneten Ausbildungsplatz vermitteln», sagt Schmitt, der unter anderem mit dem Konservatorium in Lausanne bereits in Kontakt getreten ist. Er will eine gute Übergangslösung finden, denn «die Kinder der Spezialmusikschule Odessa sind sich einen anderen Bildungsalltag als den unseren gewohnt.» Dreimal die Woche erhalten sie ihren Instrumentalunterricht, hinzu kommen Fächer wie Musiktheorie oder Chorsingen. Im gleichen Schulgebäude findet auch ihr allgemeinbildender Unterricht statt. «Eine solche Kombination gibt es bei uns in der Schweiz nicht. Daher sollte man hier den Hebel ansetzen und die Förderung besonders musikinteressierter Kinder bei uns ernster nehmen.»
«Im orthodoxen Sinn tiefgläubig»
Schmitt gehört zu jenen Menschen, die Flüchtenden aus der Ukraine eine Perspektive bieten wollen. Als Kenner der Ukraine weist er auf die Unterschiede hin, die es sowohl bei den Alltagsgewohnheiten – etwa bei der Gestaltung des Frühstücks – als auch im Leben und Erleben der Spiritualität gibt: «Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind im orthodoxen Sinn tiefgläubig und stark verbunden mit ihrer Kirche. Die einzige katholische Kirche, die es in Odessa gibt, war zur Sowjetzeit eine Turnhalle. Heute ist sie restauriert und wird von Gläubigen rege frequentiert.»
Zueinander finden
Wie geht es weiter in der Ukraine? Darüber kann Schmitt nur spekulieren. Sein Wunsch ist, dass sich Ukrainerinnen und Russen im Guten wieder einander annähern. «Ich habe Bekannte in der Ukraine und in Russland. Es sind liebenswürdige Menschen, die am Frieden interessiert sind.» Daher hoffe er, dass der sibirische Pianist Sergey Tanin anlässlich seines Auftritts im Rahmen von «Pianists for Peace» (siehe Kasten) vom Berner Publikum gut aufgenommen werde. Auf dem Programm stehen Mozart, Schubert, Messiaen, Liszt und Brahms. «Tanin ist warmherzig und eng mit der Musik verbunden», sagt Schmitt. Auf Tanin ist er aufgrund des SRF-Dokumentarfilms «Sergey Tanin: Der Pianist, der aus der Kälte kam» von Helen Stehli Pfister gestossen. «Es ist eine eindrucksvolle Produktion, die den Werdegang eines hochbegabten Musikers beleuchtet. Es kommt nicht von ungefähr, dass Tanin heuer am prestigeträchtigen Cliburn-Wettberb in Fort Worth, Texas, teilnehmen darf.» Der Dokumentarfilm wird am 14. Mai im Kontext von Tanins Konzert in Bern gezeigt.
Klavierkonzerte in Bern: «Pianists for Peace»
28. April, 19.30: Olga Zado spielt Werke von Schubert, Skrjabin und Ravel
14. Mai, 20.00: Sergey Tanin spielt Werke von Mozart, Schubert, Messiaen, Liszt und Brahms
Yehudi Menuhin Forum, Helvetiaplatz 6, Bern