Gut besuchte Modeschau am «Fashion Revolution Day» in Zürich, 2018. Foto: zVg
Kleider machen heute
Die «Fashion Revolution Week» sensibilisiert für faire Kleidung
Kleidermarkt, Fashionshow, Brunch - vom 19. bis 25. April informiert die «Fashion Revolution Week» auch in Bern über faire und nachhaltige Mode. Die Informatikerin und Modedesignerin Salma Alaoui und der Geograf und Agrarwirtschafter Jamil Mokhtar engagieren sich für die internationale Bewegung.
Von Anouk Hiedl
Weiss glänzende Badezimmerwände, grau melierte Bodenfliesen und ein Senklochdeckel erinnern daran, dass hier früher mit Wasser gearbeitet wurde. Heute hat die «Alte Feuerwehr Viktoria» einem Meer an Farben und Mustern Platz gemacht – Kleider, Schuhe, Taschen und Accessoires soweit das Auge reicht. 2017 hat sich die Wirkerei Viktoria im Industriegebäude eingerichtet, seither treffen hier Mode und Handwerk aufeinander, in einem Kleiderladen, ein Atelier, Nähplätze und diverse Ausstellungsflächen. Hier wird heute Neues kreiert, Altes umgestaltet und aufgewertet sowie Gebrauchtes weiterverkauft. Vom Mief schmuddliger Secondhandboutiquen von Anno dazumal keine Spur.
Nachhaltigkeit und Fairtrade
In der Kaffeeküche treffen wir auf Jamil Mokhtar und Salma Alaoui. Die beiden sind in der Geschäftsstelle und Co-Koordinatoren von «Fashion Revolution» in Bern und waren 2018 dabei, als 25 Gleichgesinnte die Bewegung in Bern starteten. «Bis heute vereinen wir Ansätze aus Modedesign, Journalismus und Handel mit Ideen von Modeinteressierten und Aktivist*innen. Uns verbindet dasselbe Anliegen, je nach Hintergrund gehen wir es unterschiedlich an.»
Die «conscious consumer vogue» richte sich beim Kleiderkauf nach Werten wie Nachhaltigkeit und Fairtrade. Sie tue dies auch beim Essen und der Mobilität, erklärt Jamil Mokhtar. «Diese bewussten Konsument*innen gehören noch zur Minderheit. Der Fast Fashion Trend ist ungebremst – der Kleiderkonsum hat sich von 2000 bis 2014 verdoppelt.» Dem Zeitgeist entspreche aber auch, dass dies nicht so weitergehen könne. «Als Reaktion auf diese Überproduktion, diesen Überkonsum und die Verschwendung hin zur Ressourcenknappheit ist «Fashion Revolution» entstanden», ergänzt Salma Alaoui. «Wir wollen erreichen, dass dieses Denken zum Mainstream wird.»
Anstoss zur Veränderung
Immer Ende April, zum Jahrestag von Rana-Plaza (siehe Kasten), findet die internationale «Fashion Revolution Week» statt, in Bern heuer zum zweiten, in Zürich zum fünften Mal. «Mit diesem Festival sind wir nahe und direkt bei den Leuten. Wir informieren über Missstände, zeigen Alternativen und wie man mit der eigenen Kleiderwahl das Modesystem verändern kann», sagt Salma Alaoui. Dazu braucht es auch die lokalen Medien und Sponsoren. «Wir können Ideen, Energie und Aktivismus abholen und bieten eine Plattform, damit Netzwerke geknüpft und erweitert werden. Die Woche soll bleibende Begegnungen ermöglichen und sensibilisieren, damit das eigene Verhalten überdacht und bewusst verändert wird.»
«Fashion Revolution» wirkt seit 2018 in Zürich und heute auch in Aarau, Basel, Bern, Luzern, St. Gallen, Winterthur, Genf-Lausanne und im Tessin. Die Bewegung entstand nach einem Unglück in einer Textilfabrik in Bangladesh: Am 24. April 2013 stürzte das neunstöckige Rana-Plaza-Gebäude ein. Darin waren auch fünf Textilfabriken untergebracht, die für international bekannte Marken wie Benetton und Mango produzierten. Das Unglück forderte Tausende Menschenleben und Verletzte und steht bis heute für die desolaten Arbeits- und Sicherheitsbedingungen in der Textil-, Kleider- und Schuhindustrie. Daraufhin startete die Bewegung in London, nahm international rasch Fahrt auf und ist mittlerweile in 90 Ländern vertreten.
2021 findet die schweizweite «Fashion Revolution Week» vom 19. bis 25. April statt – grösstenteils digital. In Bern mit einem Upcycling und Design-Markt, einer digitalen Fashion-Show und einem Fashion-Talk mit Brunch. Die Katholische Kirche Region Bern unterstützt die hiesige «Fashion Revolution Week» mit CHF 10'000.-.
Weitere Infos
Fair Fashion Network
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