Kristina Hasanaj: «Wir philosophieren über das Denken und Handeln von Menschen, das gemeinsame Leben und Erleben.» Foto: Ruben Sprich

Kritisches Denken hat Platz

29.08.2023

Kristina Hasanaj macht den Firmweg Bern-West

Die 22-jährige Kristina Hasanaj studiert Kunstgeschichte. Und sie macht den Firmweg Bern-West der Pfarreien St. Mauritius und St. Antonius. Sie sagt: Religion werde in ihrer Familie aktiv gelebt.

Interview: Luca D’Alessandro

«pfarrblatt»: Sie haben sich für den Firmweg entschieden. Wieso?

Kristina Hasanaj: Meine Familie stammt aus dem Kosovo. Religion hat da vor allem infolge des Krieges eine grosse Bedeutung erlangt. Die Menschen suchten Halt in der schlimmen Situation. Ich bin in der Schweiz aufgewachsen. Bei den Besuchen meiner Angehörigen vor Ort werde ich aber immer wieder mit dem Thema konfrontiert. Die Wichtigkeit von Religion wurde mir in den Jahren zunehmend bewusst. Kirche bleibt für mich auch nach der Firmung wichtig, wenn ich beispielsweise an eine künftige Hochzeit denke.

Wie nehmen Sie den Firmweg wahr?

Ich schätze es, dass wir Firmandinnen und Firmanden die Kursabende nicht im klassischen Frontalunterricht, sondern als Ort des Austausches und der Reflexion erleben dürfen. Nebst der Religion kommen auch gesellschaftliche Themen regelmässig zur Sprache. Wir philosophieren über das Denken und Handeln von Menschen, das gemeinsame Leben und Erleben.

Fühlen Sie sich frei in der Meinungsäusserung?

Wenn ich persönlich mit einem Sachverhalt nicht einverstanden bin, darf ich das deponieren. Kritisches Denken hat Platz, und das ist auch gut so. Denn ich nehme nicht alles als gegeben hin. Fragen habe ich viele: Welchen Hintergrund haben bestimmte Bibelpassagen? Was bezwecken die Rituale? Wieso wird gefastet?

Was bedeutet Ihnen der Glaube?

Der Glaube ist ein Bezugspunkt – vor allem in schweren Zeiten wie Krieg. Wichtig ist: Jede Person soll die Form des Glaubens selbst bestimmen dürfen. Inwiefern darf Glaube das eigene Leben beeinflussen oder gestalten? Das sind persönliche Fragestellungen.


Würden Sie den Firmweg weiterempfehlen?

Ich möchte nicht, dass sich jemand aufgrund meiner Einstellung oder Meinung auf den Firmweg macht. Die Firmung ist eine individuelle Entscheidung, die ich nicht beeinflussen möchte. Trotzdem: Würde ich auf den Firmweg angesprochen, ergäbe sich vermutlich ein tiefergehendes Gespräch, das diverse Perspektiven einbezieht.

Inwiefern hat der Firmweg einen Zusammenhang mit Ihrem Studium der Kunstgeschichte?

Neulich durfte ich an der Universität eine Prüfung zur Ikonographie ablegen. Fast zeitgleich kam dieses Thema an einem der Firm-Kursabende zur Sprache. Mich fasziniert, wie eng die Bibel und die Kunst des Mittelalters und der folgenden Jahrhunderte miteinander verknüpft sind.

Die Religion wird in Ihrer beruflichen Zukunft vermutlich eine zentrale Rolle spielen.

Das wird sie. Aber auch privat.

Und die Kirche?

Sie wird wichtig bleiben, auch wenn ich wahrscheinlich nicht jeden Sonntag in den Gottesdienst gehen werde. Das ist auch nicht nötig. Es gibt zahlreiche ortsungebundene Formen, dem Glauben Ausdruck zu verleihen.

Was nehmen Sie vom Firmweg für Ihr Leben mit?

Die vielen Gespräche mit der Katechetin, der Firmbegleitung sowie den Kolleginnen und Kollegen. Erinnern werde ich mich an die interessanten Eindrücke und Einblicke in für mich nicht alltägliche Themen. Ich bin überzeugt: Firmung ohne Firmweg – das wäre nur die halbe Miete. Viele Fragen würden unbeantwortet bleiben: Weshalb habe ich die Firmung gemacht? Was ist nun die Konsequenz? Es würde eindeutig etwas fehlen.

Firmung – ein Sakrament der Mündigkeit

Viele Pfarreien im Kanton Bern sind der Überzeugung, dass für die Firmung als Sakrament der Mündigkeit und des Erwachsenwerdens das Alter von 17 Jahren ein guter Zeitpunkt sei. Die Firmung 17+ biete die Gelegenheit, sich eigenständig und selbstverantwortlich für einen Weg in der christlichen Tradition zu entscheiden.
 

Infos: www.firmung17plus.ch

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